Der Staat schickt Schaeffler seine Wirtschaftsprüfer ins Haus

HERZOGENAURACH/BERLIN - Im Ringen um staatliche Hilfe für das angeschlagene fränkische Unternehmen zeichnet sich ein Einlenken des Bundes ab. Der schließt erstmals nicht mehr aus, dem Autozulieferer finanziell unter die Arme zu greifen. Doch ehe über Bürgschaften verhandelt wird, sollen sich jetzt erst einmal Wirtschaftsprüfer im Auftrag der Regierung die Bücher von Schaeffler ansehen.
Das Tauziehen um mögliche Staatshilfen für die hoch verschuldeten Autozulieferer Schaeffler und Continental geht weiter. Die Bundesregierung schloss am Freitag staatliche Unterstützung erstmals nicht mehr aus. Nach Darstellung des Herzogenauracher Konzerns geht es vor allem „um eine zeitliche Überbrückung“.
„Es ist völlig klar, dass das Unternehmen zunächst selbst gefordert ist“, sagte ein Sprecher der Schaeffler-Gruppe. In den nächsten Wochen werde man „ein tragfähiges Konzept vorlegen, das die Steuerzahler letztlich nicht belasten wird“. Vor der Finanz- und Autokrise seien Schaeffler und Conti vor kerngesund gewesen, sagte er. Die Konzerne haben zusammen mehr als 200000 Beschäftigte – und 22 Milliarden Euro Schulden.
Braucht Schaeffler bis zu vier Milliarden Euro?
Durch die weitgehend per Kredit finanzierte Übernahme des weitaus größeren Konkurrenten Continental droht Schaeffler die Überschuldung. Kritiker werfen Schaeffler vor, sich verhoben zu haben (AZ berichtete). Angeblich bitten die Herzogenauracher nun um staatliche Bürgschaften von bis zu vier Milliarden Euro – das ist fast so viel Geld, wie die Eigentümerfamilie um Maria-Elisabeth Schaeffler besitzt, deren Vermögen von „Forbes“ auf sechs Milliarden Euro geschätzt wird.
Während Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) staatliche Hilfe noch am Donnerstag strikt abgelehnt hatte, ließ Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) keine 24 Stunden später wissen: „Es wird ein ergebnisoffenes Verfahren geben.“ Allerdings wird Schaeffler für das Geld vom Staat wohl in manchen sauren Apfel beißen müssen: Nach Angaben von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sollen sich Wirtschaftsprüfer im Auftrag des Bundes jetzt einen Überblick über die Lage bei der Unternehmensgruppe verschaffen. Gerüchten zufolge handelt es sich um die Firma PriceWaterhouseCoopers (PWC).
"Die Hosen herunterlassen", fordern Branchenkreise
Schaeffler müsse nun „die Hosen herunterlassen“, hieß es in Branchenkreisen. Als Familienunternehmen ist Schaeffler nicht verpflichtet, Bilanzen oder Quartalsberichte zu veröffentlichen. Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer forderte, der Konzern müsse sein Finanzgebaren offenlegen – und auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Aus der Schaeffler-Zentrale war am Freitag kein Kommentar zu bekommen. Ein PWC-Sprecher sagte lediglich: „Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu unseren Prüfaufträgen.“
Trotz der düsteren Aussichten: Grund zum Feiern hatte Maria-Elisabeth Schaeffler am Freitag auch. Die 67-Jährige wurde zur Kuratoriumsvorsitzenden des Frankfurter Zukunftsrates berufen – zur Begründung führte die private Bildungsinitiative Schaefflers wichtige Rolle als Unternehmerin in Deutschland an.