Der Sensenmann vor der Tür

Offenbar wollen die USA Deutschland anbieten, Kampfdrohnen vom Typ „Reaper“ zu liefern. Verteidigungsminister de Maizière würde sie schon wollen – aber nicht in Wahlkampfzeiten
von  tan

WASHINGTON Ferngesteuerte Killer oder Wunderwaffe zum Schutz eigener Soldaten? Ein unmittelbar bevorstehendes US-Angebot, der Bundeswehr Kampfdrohnen zu liefern, heizt den Streit um das heikle Thema wieder an. Die Opposition läuft Sturm – und Schwarz-Gelb versucht, den Konflikt im aufziehenden Wahlkampf möglichst kleinzuhalten. Vielleicht scheitere die Einführung ja schon an technischen Problemen.

Eigentlich sollten die Drohnen bei der USA-Reise von Verteidigungsminister Thomas de Maizière höchstens ein Randthema sein. Dann aber berichtete „Spiegel Online“, dass Washington den Verkauf von drei -Drohnen vom Typ „Reaper“ („Sensenmann“) genehmigen will. Prompt brach, so hieß es im Umfeld des Ministers, ein „Shitstorm“ der Opposition los. Er sah sich gezwungen, in Washington eilends eine Pressekonferenz einzuberufen. Ja, eine Antwort auf die Export-Anfrage stehe kurz bevor, bestätigte er. Sie komme im Mai. Und ja, „ich vermute, es wird eine positive Antwort sein“, so der Minister.

Das bedeutet aber nicht, dass Deutschland die Drohnen dann tatsächlich auch kauft. Erstens ist nicht gesagt, dass die Bundeswehr zwingend das US-Angebot annimmt – es gibt auch eins aus Israel. Zweitens kann es auch sein, dass Deutschland gar keine Kampfdrohnen kauft. Denn das Thema ist heikel. In der Bundeswehr wird die Anschaffung dringend gewünscht, als Schutz für deutsche Soldaten im Ausland.

Auch de Maizière hatte sich die Forderung zu eigen gemacht. Angesichts von großer Skepsis auch im Regierungslager, ob man sich das undankbare Thema im Wahlkampf aufhalsen soll, spielt es nun auch der Verteidigungsminister so klein wie möglich: „Ich werde dem Bundestag vor der Wahl im September keinen Vorschlag mehr zur Entscheidung vorlegen“, sagte er in Washington. Er ließ auch offen, ob sich das Ministerium selbst überhaupt bis zu diesem Termin positionieren will. „Das kann ich nicht vorhersagen.“ Und nein, mit seinem Amtskollegen Chuck Hagel habe er das Thema auch nicht besprochen. Er kündigte eine gründliche Prüfung an, die Opposition habe ja viele Fragen.

Vier Stück kosten 43 Millionen Euro - mit Zubehör

Kampfdrohnen haben in Deutschland – anders als in den USA, wo 70 Prozent der Bürger für ihren Einsatz sind – einen schlechten Ruf. Denn die USA setzen sie etwa in Pakistan nicht nur zur Selbstverteidigung ein, sondern auch, um Feinde gezielt zu töten. Immer wieder sterben dabei auch Unschuldige – insgesamt waren es bisher 3000 Tote. „Wir sehen bei deutschen Einsätzen überhaupt keine Verwendungsnotwendigkeit für Kampfdrohnen“, sagt Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Ohnehin könnte ein technisches Problem die Hightech-Flieger bremsen. Selbst in der Koalition gibt es Zweifel, ob sie überhaupt für den europäischen Luftraum zugelassen werden könnten – denn die amerikanischen und auch israelischen Firmen weigern sich, ihre Daten offenzulegen.

Im Gespräch sind zwei Typen von Kampfdrohnen: erstens eine amerikanische – sie wird von den Streitkräften „Reaper“ (Sensenmann) und vom Hersteller „Predator“ (Raubtier) genannt. Sie ist elf Meter lang, kann bis zu 27 Stunden in der Luft bleiben und Hellfire-Raketen tragen. Der Preis für eine Vier-Drohnen-Einheit mit Zubehör: 43 Millionen Euro. Zweitens denkbar wäre die israelische Drohne „Heron“ (Reiher). Ihre erste, unbewaffnete Version wird von der Bundeswehr bereits eingesetzt. Sie ist 14 Meter lang, kann bis 36 Stunden fliegen, gilt aber als nicht so ausgereift wie „Reaper“. Dafür ist sie günstiger: 3,8 Millionen Euro pro Stück.

 

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