Der Papst in Afrika: Jubel - und zwei Tote
LUANDA - In Angola wird der Jubel um Benedikt XVI. zur Massenhysterie – ganz anders als zuhause. Denn in Europa halten immer mehr Gläubige immer weniger vom Papst und seiner Kirche.
Im alten Europa stößt er auf zunehmende Skepsis – doch in Afrika fliegen dem Papst die Herzen der Gläubigen zu. Mit blutigen Folgen: Der Ansturm der Massen auf den mittlerweile in Angola angekommenen Benedikt XVI. ist so groß, dass am Wochenende in einem Sportstadion in der Hauptstadt Luanda zwei Mädchen ums Leben kommen. 40 weitere Menschen müssen wegen der Hitze und des Gedränges mit Schwächeanfällen und Verletzungen ins Krankenhaus.
Die beiden sterben am Samstag im Massenandrang, als Zehntausenende zu einer Jugendveranstaltung mit dem Papst ins Stadion Dos Coquieros drängten. Tags darauf gedenkt Benedikt bei einer Open-Air-Messe der Mädchen und sprach von seinem „starken Schmerz“.
Wie schon zuvor bei seiner Station in Kamerun versucht der Papst auch in Angola, das afrikanische Selbstbewusstsein zu stärken. Afrika sei der „Kontinent der Zukunft“, sagt Benedikt. Immer wieder wendet er sich an die Jugend: „Ihr seid die Zukunftshoffnung, das Versprechen auf ein besseres Morgen“, ruft der Papst bei seiner Freiluftmesse. Zugleich mahnt er die Gläubigen angesichts von Korruption und Elend zu Versöhnung und Gerechtigkeit: „Ich bin nach Afrika gekommen, um diese Botschaft der Vergebung, der Hoffnung und eines neuen Lebens in Jesus Christus zu predigen.“
Läge Rom doch in Afrika...!
Der Jubel der Massen ist enorm bei allen seinen Besuchsstationen – so dass sich in seinem Tross schon manch einer wünscht, Rom läge nicht in Europa, sondern in Afrika. Zuhause nämlich nehmen die Probleme für Benedikt XVI. nicht ab. Gerade als sich die Aufregung um den Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson gelegt hat, macht der Papst zum Auftakt seiner Afrikareise neue Schlagzeilen: als er Treue statt Kondome zum Schutz vor Aids empfiehlt.
In Frankreich führt dies mittlerweile zu einer tiefen Vertrauenskrise für Benedikt und seine Kirche. In einer neuen Umfrage fordern 43 Prozent, dass der Papst zurücktritt. 85 Prozent wollen, dass die Kirche ihre Haltung zu Verhütungsmitteln ändert. Geradezu erdrutschartig stürzen die Zustimmungswerte für den Papst in den Reihen der Gläubigen ein: Nach 65 Prozent im September unterstützen ihn nur noch 29. Jean-Daniel Levy vom Umfrageinstitut CSA sieht einen „Zusammenbruch“. Levy: „Wenn er ein Politiker wäre, würde ich sagen, er hat keine große Zukunft“.
Vergangene Woche hatte sich in einer „Stern“-Umfrage auch nur jeder zweite Deutsche zufrieden über den Papst geäußert – nach 70 Prozent vor einem Jahr.
mue
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