Der Norden hat Angst vor dem Staatsbankrott

Der Steuerzahler muss die angeschlagene HSH Nordbank retten – Schleswig-Holstein und Hamburg versuchen mit vielen Milliarden Euros, ihre schwer angeschlagene Landesbank doch noch zu retten.
von  Abendzeitung

HAMBURG - Der Steuerzahler muss die angeschlagene HSH Nordbank retten – Schleswig-Holstein und Hamburg versuchen mit vielen Milliarden Euros, ihre schwer angeschlagene Landesbank doch noch zu retten.

Das war eine Not-Operation am offenen Herzen: Um die schwerkranke HSH Nordbank am Leben zu erhalten, verpassen ihr die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in letzter Minute eine Finanzspritze von drei Milliarden Euro. Auf einer Krisensitzung in Kiel billigten die beiden Regierungen gestern einen entsprechenden Staatsvertrag. Außerdem gewährten die staatlichen Anteilseigner der Bank Sicherheitsgarantien über zehn Milliarden Euro. Da sich die Länder die Last teilen müssen, zittern die Politiker im armen Schleswig-Holstein jetzt vor dem Staatsbankrott.

Ohne die staatlichen Milliarden hätte die Bankenaufsicht die Landesbank allerdings dichtgemacht: Nach Verlusten von 2,8 Milliarden Euro 2008 verfügt sie nicht mehr über genug Eigenkapital. Die Bankenaufsicht hatte für Staatshilfen eine Frist bis Dienstag gesetzt und bereits mit der Schließung der Bank gedroht, die erst 2003 aus einer Fusion der Hamburgischen Landesbank mit der Landesbank Schleswig-Holstein entstanden war.

Muffensausen haben jetzt vor allem die schleswig-holsteinischen Politiker: Das Land sei durch die HSH Nordbank „quasi bankrott“, schlug CDU-Landesvize Rasmus Vöge Alarm. Mit den Milliardenhilfen übernehme sich Schleswig-Holstein, warnte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki: „Dem Land droht die politische Handlungsunfähigkeit. Das käme einem politischen Bankrott wie in Island gleich.“

Experten beruhigen indes: Zum einen seien Schleswig-Holstein und Hamburg lange nicht so überschuldet wie Bremen oder Berlin. Zum anderen könne ein Land gar nicht pleite gehen: Es gibt weder eine Institution, die einen Staat für bankrott erklären kann. Noch ist es möglich, dass Gläubiger einen Insolvenzantrag für einen Staat stellen. Die einzige Möglichkeit ist, dass ein Staat sich selbst als zahlungsunfähig erklärt, weil er seinen laufenden Ausgaben nicht mehr nachkommen kann und auch keine neuen Kredite mehr erhält – so wie 2008 im Fall Island.

Spielt der nationale Bankenrettungsfonds Soffin den Retter in der Not?

Die verantwortlichen Politiker äußerten sich nach dem Not-Deal kleinlaut. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sprach von einem „tragbaren Ergebnis“. Die Landesbank sei eben ein „wichtiger Finanzierer wichtiger Wirtschaftsbranchen der Region“ – etwa im Schiffsbau. Über eine „schwere Entscheidung“ ächzte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU): „Aber wir müssen so handeln.“ Partner oder Käufer für die Bank zu finden, sei unmöglich gewesen.

Jetzt hofft man im Norden händeringend auf einen Einstieg des nationalen Bankenrettungsfonds Soffin – auch wenn der Bund einem Land laut Verfassungsgericht nur bei „bundesstaatlichem Notstand“ Sonderhilfen gewähren muss. Noch zeigt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wenig Lust, den HSH-Fehlspekulanten aus der Klemme zu helfen – wie seine Landsleute hält der gebürtige Hamburger gerne das Motto vom „ehrbaren Kaufmann“ hoch.jox

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