Der Krise zum Trotz: Union und SPD im Aufschwung
BERLIN - Während die Volksparteien Union und SPD laut einer neuen Forsa-Umfrage von der Wirtschaftskrise profitieren, verlieren FDP, Grüne und Linke an Zustimmung. Die Mehrheit der Deutschen hat außerdem keine Furcht vor sozialen Unruhen im Land. Unterdessen hat die Gewerkschaft der Polizei Angst vor schweren Krawallen - am 1.Mai in Berlin...
Mitten in der Krise setzen die Deutschen offenbar wieder zunehmend auf die Volksparteien – auf das Bewährte, Bekannte, Solide. Vor allem die Linke dagegen verliert und ist erstmals seit 2007 nicht mehr zweistellig: Offenbar zünden Slogans wie „Wir zahlen nicht für eure Krise“ nicht.
In der jüngsten Forsa-Umfrage klettern Union und SPD – gleichsam Vater und Mutter im deutschen Parteiengefüge – auf Jahreshöchstwerte, während die Zwergerl-Parteien Stimmen verlieren. Für CDU und CSU würden 36 Prozent der Wähler stimmen (plus 1). Die SPD verbessert sich auf 25 Prozent (plus 2). FDP (15 Prozent) und Grüne (9 Prozent) büßen je einen Punkt ein, die Linke (9 Prozent) sogar zwei Punkte.
Forsa-Chef Manfred Güllner begründet die Aufholjagd der Volksparteien mit dem SPD-Wahlkampfauftakt: Bei der pompösen Veranstaltung rund um die Rede von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sei „ein Wahlkampfklima entstanden“, analysiert Güllner. Die SPD habe damit unentschlossene Wähler zurückgewinnen können. Auf der anderen Seite seien „Wähler zur Union zurückgekehrt, die bei der FDP zwischengeparkt hatten“.
Parteienforscher Franz Walter: "Parteien sollen auf dem Teppich bleiben"
Wesentlich nüchterner bewertet der Göttinger Parteienforscher Franz Walter die Zahlen: „Klar, die SPD hat mit der Inszenierung des Wahlkampf-Budenzaubers am frühesten angefangen und macht mächtig Druck“, sagte Walter der AZ. 36 und 25 Prozent seien aber noch nicht wirklich ein Auftrieb für die Volksparteien: „Jahreshoch? Geht’s nicht eine Nummer kleiner? Mein Rat: einfach mal auf dem Teppich bleiben.“
Auf den Teppich zurückgeholt wurde dagegen die Linke. Ihr Geschäftsführer Dietmar Bartsch wiegelt zwar ab: „Wir werden bei den Wahlen zweistellige Ergebnisse erzielen, da dürfen wir uns nicht von Umfragen kirre machen lassen.“ Walters Befund dagegen fällt kühl aus: „Die Linke hat in Deutschland historisch nie von Wirtschaftskrisen profitiert, im Gegenteil.“ Zudem habe „die blitzschnelle Enteignung“ linker Themen durch die Großparteien „Lafontaine&Co. kalt erwischt“.
Uneins sind sich die Institute bei der Frage nach der Angst der Bürger vor einer „sozialen Explosion“, vor der Bundespräsidentenkandidatin Gesine Schwan gewarnt hat: Während laut Forsa nur 29 Prozent Unruhen befürchten, sind es laut Emnid 52 Prozent.
Polizei fürchtet "Gewalt und Zerstörungswut" am 1.Mai
Für den 1. Mai befürchten die Behörden die schwersten Krawalle seit Jahren: „Gewalt und Zerstörungswut rechter wie linker Gruppen haben zugenommen“, so der Chef der Polizeigewerkschaft, Konrad Freiberg. Mittelfristig sieht auch Walter schwarz: „Es wird unruhig werden, wenn die Krise nicht mehr im individuellen Bewusstsein verdrängt werden kann. Sollte die gigantische Staatsverschuldung zu einer Riesen-Inflation führen, wird die Mitte um sich schlagen.“
Markus Jox