Der Krieg trotzt den Appellen der Welt

Ungeachtet der Forderung des Weltsicherheitsrates geht die israelische Offensive im Gazastreifen weiter. Israel beschließt die Fortsetzung der Offensive – und auch die Hamas ignoriert die mühsam gefundene Uno-Resolution.
von  Abendzeitung
Die Angriffe gehen weiter: Israelische Geschosse über einem Dorf im Gazastreifen am Freitag. Foto: Reuters
Die Angriffe gehen weiter: Israelische Geschosse über einem Dorf im Gazastreifen am Freitag. Foto: Reuters © az

GAZA - Ungeachtet der Forderung des Weltsicherheitsrates geht die israelische Offensive im Gazastreifen weiter. Israel beschließt die Fortsetzung der Offensive – und auch die Hamas ignoriert die mühsam gefundene Uno-Resolution.

Die Appelle der Welt verhallen ungehört: Israel hat am Freitag formell beschlossen, die Militäroffensive im Gazastreifen fortzusetzen – und damit die Resolution des Weltsicherheitsrats für eine sofortige Waffenruhe nicht zu beachten. Von der Hamas kam informell ebenfalls ein Nein.

Nach der Verkündung der Resolution, die nach einem viertägigen Verhandlungsmarathon erarbeitet wurde und bei Enthaltung der USA von 14 der 15 Sicherheitsratsmitglieder angenommen wurde, waren die Kämpfe auf beiden Seiten am Morgen zunächst weitergegangen: Israel griff im Gazastreifen an, die Hamas feuerte weiter Raketen auf israelisches Gebiet. Ein Hamas-Sprecher sagte, die Resolution berücksichtige die Interessen der Palästinenser nicht genug.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf Vermittlungsmission

Am Mittag beschloss die Regierung Olmert offiziell, die seit 14 Tagen andauernde Offensive trotz der Uno-Resolution fortzusetzen. Es habe sich gezeigt, dass der Aufruf nicht umsetzbar sei und der Raketenbeschuss weitergehe, erklärte Olmert. Israel werde außerdem keinem Dritten gestatten, über sein Recht auf Verteidigung seiner Bürger zu entscheiden. Außenministerin Zipi Livni erklärte, Israel werde weiter entsprechend seiner Einschätzung und im Interesse seiner Bürger agieren.

US-Außenminister Condoleezza Rice erklärte, die USA stünden trotz der Enthaltung voll und ganz hinter den Zielen der Resolution. Dass sie vor Ort ignoriert wird, zeigt die aktuelle Machtlosigkeit der Vermittler. Überraschend brach gestern auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu einer Vermittlungsmission auf.

Im Gazastreifen gingen die Gefechte weiter. Die Uno erhob schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee, weil sie ein Gebäude bombardiert haben soll, in dem sie selbst zuvor schutzsuchende Zivilisten untergebracht hat. Nach den UN-Angaben brachten israelische Soldaten in Seitun 110 Palästinenser in ein Haus und wiesen sie an, es nicht zu verlassen. „24 Stunden später bombardierte die Armee dieses Haus mehrmals.“ Dabei starben 30 Menschen, viele Verletzte durften erst einen Tag später geborgen werden. Uno-Vertreterin Allegra Pacheco: „Wir unterstellen keine Absicht, wir reportieren die Fakten.“ Die israelische Armee kündigte eine Untersuchung des Vorfalls an.

Vatikan-Vergleich sorgt für Wirbel

Der Menschenrechtsbeauftragte des Vatikans hat den Gazastreifen mit einem Konzentrationslager verglichen – und damit für Empörung gesorgt. „Schauen wir die Lebensbedingungen im Gazastreifen einmal an: Das ähnelt immer mehr einem riesigen Konzentrationslager“, so Kurienkardinal Renato Martino in einem Interview. „Was soll man sagen angesichts all der ermordeten Kinder, obwohl man im Besitz einer Technik ist, die in der Lage wäre, eine Ameise auf dem Boden zu identifizieren.“

Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, findet die Äußerung „ungeheuerlich“. Der AZ sagte sie: „Die Unwissenheit über die Bedingungen eines Konzentrationslagers ist eines Vertreters des Vatikans unwürdig.“ Der Erzbischof von München, Reinhard Marx, wollte zu dem Vergleich direkt keine Stellung nehmen. Er sagte aber: „Ich bin erschüttert über das Ausmaß an Gewalt. Gewalt und Gegengewalt führen zu keiner Lösung. Die Waffen müssen sofort schweigen, damit die Menschen im Gazastreifen und in Israel wieder in Frieden leben können.“ Heute fährt er nach Israel.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.