Der kann Kanzler! Jacob Schrot macht Politik "mit Herzblut und Leidenschaft"

Jacob Schrot ist erst 18, aber schon eine große Nachwuchshoffnung der CDU: Im AZ-Interview redet der Abiturient aus Brandenburg an der Havel, der die ZDF-Sendung "Ich kann Kanzler" mit großem Vorsprung gewonnen hat, über Lust am Gestalten, Ungeduld, die Steuerversprechen der Union und sein eigenes Regierungsprogramm.
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Jacob Schrot ist erst 18, aber schon eine große Nachwuchshoffnung der CDU: Im AZ-Interview redet der Abiturient aus Brandenburg an der Havel, der die ZDF-Sendung "Ich kann Kanzler" mit großem Vorsprung gewonnen hat, über Lust am Gestalten, Ungeduld, die Steuerversprechen der Union und sein eigenes Regierungsprogramm.

AZ: Herr Schrot, Sie sind mit 18 Jahren bei der CDU, Amnesty International, Unicef und im Landesschülerrat aktiv. Ihr ehrenamtliches Engagement ist ja schon fast beängstigend. Haben Sie überhaupt noch Zeit für ein Privatleben?

Man muss schon Kompromisse machen, das stimmt. Ich würde zum Beispiel gerne mehr Zeit mit meiner kleinen Schwester verbringen. Das ist schwierig, die Prioritäten haben sich schon verschoben. Aber keine Sorge, ich bin auch ein Mensch. Spiele für mein Leben gern Klavier und mache Leichtathletik als Leistungssport, gehe mit Freunden weg.

Wer oder was hat Sie politisiert? Mutter und Vater, die beide promovierte Akademiker sind?

Im Gegenteil. Meine Eltern haben eher versucht mich zu behüten. Da kam der Elternreflex nach dem Motto: Wollen wir den Jungen mal beschützen, in der Politik könnte er ja zerrissen werden. Bei mir war das so: Als ich fünfzehneinhalb, sechzehn Jahre alt war, habe ich festgestellt, dass die Leute in meiner Heimatstadt überwiegend damit beschäftigt sind rumzumeckern. Die Problemanalyse ist ja gar nicht schlecht. Aber bei der Umsetzungsphase sitzen alle ganz ruhig in der Ecke, und auf einmal will niemand mehr was machen. Dieses ganz typische Meckern, aber nicht Machen hat mich stark geprägt. Ich wollte einfach nicht zu diesen ewigen Nörglern und Protestlern gehören, die immer nur rummeckern, aber nichts in die Hand nehmen. Keine Eigenverantwortung annehmen können. Also habe ich angefangen mich politisch zu engagieren...

...und gingen schnurstracks zur Jungen Union?

Nein, ich habe bei überparteilichen Gremien angefangen. Im Kinder- und Jugendparlament, als Schülersprecher. Habe versucht Erfahrungen zu sammeln, damit ich die Realpolitik der Partei besser abwägen kann.

Wie reagieren Klassenkameraden mit 16 oder 18 Jahren auf einen Jungfunktionär wie Sie? Wird man da nicht verspottet, gehänselt, belächelt?

Überhaupt nicht. Ich muss mich nicht rechtfertigen dafür, ich muss mich nur oft erkären. Meine Mitschüler finden das gut, dass sich jemand für sie einsetzt.

"Jugend kann mehr als Koma saufen und pöbeln, sie kann auch gestaltent"

Und wieso haben Sie sich am Ende für die CDU entschieden?

Ich habe irgendwann gemerkt, dass es bei der Jugendpolitik ein Limit an Gestaltungsfreiheit gibt. Es gibt einen Punkt, wo ich als Ehrenamtlicher bestimmte Sachen einfach nicht durchsetzen kann, weil mir die Plattform fehlt. Dann habe ich mich gefragt, welche Partei am besten zu meinen Interessen und Meinungen passt. Dafür habe ich mir ein paar Monate Zeit genommen und die Programme von CDU, SPD, FDP und Grünen von Anfang bis Ende durchgarbeitet. Bei der CDU habe ich die meisten Schnittstellen gefunden. In der Bildungs-, Umwelt, Sozial- und Außenpolitik. Es ging mir auch darum, was eine Partei real umsetzt. Ich habe meine Entscheidung, in die CDU einzutreten, bislang nicht bereut.

Die Nachwuchspolitiker der CDU haben nun nicht gerade das beste Image. Gelten sie doch häufig als angepasste, karriereorientierte und frühvergreiste Schlipsträger.

Gewiss gibt es das Klischee von großbürgerlichen jungen Leuten, die mit 20 ihren ersten Porsche fahren. Das liegt auch daran, dass das Wort "konservativ" in der Bevölkerung als rückschrittlich missverstanden wird. Aber mir ist ganz wichtig, dass in der ZDF-Sendung keine Parteipolitik betrieben wird. Es geht mir nicht darum zu zeigen, was für eine tolle Partei die CDU ist. Sondern zu zeigen, dass Jugend mehr kann als Koma saufen und pöbelnd durch die Innenstädte zu ziehen. Jugend kann auch gestalten. Ich will als Jacob Schrot auftreten, mit meinen Visionen und Idealen. Ich bin nicht dazu da, um irgendwelche CDU-Programme zu vertreten. Zumal es durchaus Punkte gibt, wo ich nicht auf CDU-Linie liege.

Zum Beispiel?

Bei der Steuerpolitik gehe ich derzeit nicht konform mit meiner Partei. Es ist im Moment nicht sinnvoll, plakativ eine generelle Steuersenkung zu versprechen. Das halte ich bei der derzeitigen Haushaltslage für nicht angebracht.

Trotzdem hat die Union dieses Wahlversprechen jetzt mit großem Tamtam beschlossen.

Die Steuersenkungsdebatte missfällt mir. Es gab eine heftige Diskussion unter Ministerpräsidenten darüber, ob ein solcher Schritt gut oder schlecht wäre. Und dann beschließt das Präsidium einfach: "Schluss, Aus, Ende, wir machen das jetzt." Das ist für mich keine Basisdemokratie. Ich kann nicht immer fordern, dass alle Völker und Kulturen ganz tolerant miteinander umgehen sollen. Und selbst bin ich nicht einmal fähig, mir innerhalb der Partei verschiedene Standpunkte anzuhören. Das gilt nicht nur für die CDU, auch für andere Parteien.

"Herr Steinmeier ist mir manchmal viel zu sachlich"

Sie haben in der Öffentlichkeit über SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier geurteilt, ihm fehle das Mitreißende...

Zunächst einmal würde ich mir mit meinem begrenzten Erfahrungshorizont als 18-Jähriger niemals naiv-arrogant anmaßen, ein besser Kanzlerkandidat zu sein als Frank-Walter Steinmeier. Auch ich würde später gerne im Auswärtige Amt arbeiten, da muss man natürlich diplomatisch sein. Aber gerade in der Finanzkrise fehlt Herrn Steinmeier eines: Ich kann viel über Zahlen reden und viele Opelwerke besuchen, sollte aber auch eine richtige Grundsatzrede halten. Nach dem Motto: "Leute, es läuft gerade wirklich schlecht für uns, wir müssen den Gürtel alle enger schnallen. Aber wenn wir uns alle anstrengen und die Sache gemeinsam angehen, können wir das packen." Steinmeier ist dagegen so extrem sachlich manchmal.

Aber eine solche Rede habe ich von Frau Merkel in letzter Zeit auch nicht gehört.

Ja klar, das ist richtig. Aber Sie hatten mich jetzt ja nach Steinmeier gefragt.

Die CDU hat drei Wurzeln: konservativ, sozial und christlich. Welche ist Ihnen am wichtigsten?

Schon das C. Sowohl Sozialpolitik als auch konservative Politik fußen auf dem christlichen Menschenbild. Ich bin in meinen politischen Aussagen klar geleitet von Vernunft und dem christlichen Menschenbild. Gerade was Eigenverantwortung, Leben in Freiheit und unveräußerliche Menschenrechte angeht.

Wenn man Sie so mit der Politrhetorik jonglieren hört, werden Sie einem beinahe schon unheimlich. Haben Sie eigentlich auch Schwächen?

Ja klar, einige. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch, bin in meinem Arbeitselan manchmal so übermütig, dass ich die ein oder andere Sache vielleicht besser nach hinten schieben sollte. Und ich bin gegenüber anderen gewiss auch zu fordernd.

Haben Sie nicht manchmal Angst, nach ein paar Jahren im politischen Geschäft zynisch oder ausgebrannt zu sein? Und frustriert der Politik den Rücken zu wenden.

Sicher besteht dieser Gefahr. Viele Leute aus meinem Umfeld sagen mir: "Jacob, verkämpf dich nicht." Und sicher gibt es Punkte und Strukturen, wo man an Grenzen stößt und nicht weiterkommt. Aber ich versuche mit mit meinen 18 Jahren aus diesem Denken rauszuhalten. Ich will das machen, wo ich mit Herzblut dabei bin und leidenschaftlich arbeiten kann. Wie weit ich inhaltlich komme, werde ich sehen.

"Das Faszinierende ist doch: Politik ist allumfassend"

Ihr Enthusiasmus in allen Ehren, aber den teilen immer weniger junge Menschen. Was sagen Sie denen: Warum lohnt es sich heute noch immer in die Politik zu gehen?

Das Faszinierende an Politik ist doch: Sie ist allumfassend. Ähnlich wie Physik oder Chemie. Alles, was ich tue, hat irgendwie mit Politik zu tun. Das Handy, das ich gerade in der Hand halte, wurde importiert nach Deutschland, hat also mit Wirtschaftspolitik zu tun. Die Luft, die ich gerade atme, hat was mit Luftverschmutzung und CO2-Werten zu tun, die die Politik regelt. Für das Sofa, auf dem ich gerade sitze, musste ich Mehrwertsteuer zahlen. Wir Junge stehen doch vor der Entscheidung: Entweder wir halten uns aus der Politik raus und lassen andere über unser Schicksal entscheiden. Oder wir ergreifen die Initiative und versuchen selbst zu gestalten.

Politik hat aber nicht nur mit Inhalten, sondern auch viel mit Macht zu tun...

Tatsächlich sind viele Strukturen unglaublich verkrustet und verkorkst. Es geht viel um Machtspielchen, nicht mehr um Inhalte. Mein Appell lautet: Junge Menschen sollten ihre Ehrlichkeit und Klarheit behalten. Das Schlimmste, was es in der Politik gibt, ist der Opportunismus, sind die Wendehälse. Ich kann nur sagen: Es lohnt sich und macht Spaß sich zu engagieren. Ich mag es, abends ins Bett zu gehen und das Gefühl zu haben: Ich habe heute etwas Gutes getan.

Wenn Sie tatsächlich deutscher Bundeskanzler wären - was wären Ihre drei wichtigsten Projekte für die Legislaturperiode?

Erstens die Chancengleichheit in unserem Land wieder herstellen: Derzeit ist die Wahrscheinlichkeit für Kinder aus Arbeiterfamilien, an die Uni zu kommen, denkbar gering ist im Unterschied zu Kindern aus Akademikerfamilien. Das ist eine Schande für eines der reichsten Länder der Welt. Deshalb muss sich im Bildungssystem, in der Familienpolitik und im Steuersystem einiges ändern. Wir müssen viel mehr investieren in Ganztags- und Musikschulen. Zweitens würde ich das Thema Integration anpacken - ein Drittel unserer Vorschulkinder sind mittlerweile aus Migrantenfamilien, die oft sehr arm an Sprache sind. Der Staat muss endlich flächendeckend und kostenlos Sprachkurse für Migranten anbieten. Drittens müssen wir in der Außenpolitik endlich wieder auf Abrüstung setzen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum wir gerade wieder Milliarden für Eurofighter-Kampfjets ausgeben, aber unseren Studenten keine vernünftigen Hörsäle anbieten.

"Ich ziehe zwar nach München, werde aber nicht in die CSU wechseln"

Sie haben gerade Ihr Abitur mit Erfolg abgelegt. In welchen Hörsaal zieht es sie derzeit?

Ich will im Herbst nach München umziehen und dort Politikwissenschaft studieren.

Treten Sie dann von der CDU in die CSU über? Darf sich Horst Seehofer auf Sie Freude?

Ich fühle mich sehr wohl in der CDU, und deshalb werde ich auch weiterhin dort meine politische Heimat behalten.

Interview: Markus Jox

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