Der Kampf gegen das Brokkoli-Patent

MÜNCHEN - Gehört allen gesundes Gemüse oder nur einem Konzern? Das wird jetzt in München entschieden. Das Brokkoli-Patent stößt auf Widerstand. Sogar die CSU bildet mit Greenpeace eine Kampfgemeinschaft.
US-Präsident George Bush senior hatte das grüne Gemüse 1990 weltberühmt gemacht: „Jetzt bin ich amerikanischer Präsident und werde nie wieder Brokkoli essen“, tat er seine tiefe Abneigung kund. Damit sorgte er für einen Aufschrei unter den Ernährungswissenschaftlern und Bauern. Denn der Spargelkohl enthält von Natur aus einen krebsabwehrenden Stoff. Ob das, was Gott und die Natur schuf, patentiert werden kann, darüber wird am Dienstag und Mittwoch vor dem Europäischen Patentamt in München gestritten.
Einer britischen Firma gelang es, die Pflanzen zu identifizieren, die besonders viel von dem krebsabwehrenden Stoff (Glucosinolate) haben. Sie vermehrte und kreuzte sie und bekam ein Patent dafür: eine lukrative Angelegenheit. Für den Anbau des besonders gesunden Brokkoli sollten künftig Patentgebühren bezahlt werden. Das wird jetzt zum Testfall. Denn Agrochemiekonzerne lassen neuerdings nicht mehr nur genmanipulierte Pflanzen und Tiere, sondern auch konventionell gezüchtete patentieren.
Bauern, Umweltschützer und die Kirche machten dagegen mobil. Sagt doch schon eine alte Bauernregel: „Wer die Saat hat, hat das Sagen.“ Christoph Then, Gentechnik- und Patent-Experte bei Greenpeace: „Der Brokkoli ist eine ganz konventionelle Züchtung, wie es jeder Züchter seit tausend Jahren macht.“
Unter welchen Bedingungen Pflanzen und Tiere künftig überhaupt patentiert werden dürfen, muss am Dienstag und Mittwoch in München von Europas höchsten Richtern entschieden werden.
Bereits im vergangenen Jahr hatten Bauern und Umweltschützer Einspruch gegen ein Patent erhoben. Damals handelte es sich um das „Schwäbisch Hällische Schwein“. Die Sau ist bekannt für ihr schmackhaftes Fleisch. Eine amerikanische Firma hatte in der alten Hausschweinrasse ein Gen entdeckt, das die Schweine schneller fett werden und ihr Fleisch beim Braten weniger schrumpfen lässt. Das Patent wurde von der Behörde in München widerrufen.
Der Bauernverband hofft nun auf eine klare Entscheidung beim Brokkoli. Bisher hat das Europäische Patentamt aber nach eigenen Angaben schätzungsweise schon 3000 solcher Patente auf Pflanzen und Tiere erteilt.
Auch im Bundestag stößt das Brokkoli-Patent fraktionsübergreifend auf Widerstand. Sogar die CSU bildet hier mit Greenpeace eine Kampfgemeinschaft. Christoph Then fordert: „Die europäischen Patentgesetze müssen komplett überarbeitet werden.“ Unterstützung bekommt er von CSU-Europachef Markus Ferber. Auch er prangert an, dass das Europäische Patentgesetz unklar sei: „Die Biopatentrichtlinie ist nicht eindeutig. Das EU-Parlament muss sie ändern.“ Für Ferber ist klar: „Was die Natur und der Herrgott entstehen haben lassen, kann nicht patentiert werden.“ Der Brokkoli als Präzedenz-Fall. Then: „Die Entscheidung hat weltweite Signalwirkung.“ bö