Der Impfstoff-Stopp: Die Debatte um das italienische Exportverbot

Am Tag nach dem Eklat bemühten sich einige Beteiligte um Deeskalation. Die italienische Regierung hatte am Donnerstag die Ausfuhr von 250.000 Dosen des Astrazeneca-Vakzins nach Australien gestoppt - ein beispielloser Vorgang.
Der australische Premierminister Scott Morrison zeigte dennoch Verständnis: "In Italien sterben etwa 300 Menschen am Tag. Sie befinden sich in einer unkontrollierten Krisensituation. Das ist in Australien nicht der Fall."
Impfstoff-Stopp sei "kein feindlicher Akt gegenüber Australien"
Tatsächlich richtete sich die Aktion nicht gegen sein Land, sondern gegen Astrazeneca. Italiens Außenminister Luigi di Maio schrieb auf Facebook, die Sperre sei "kein feindlicher Akt gegenüber Australien". Los ging die Geschichte letzte Woche: Da erregte sich Italiens Premier Mario Draghi, weil Astrazeneca das für die EU bestimmte Kontingent von 80 Millionen Impfdosen um die Hälfte gekürzt hatte, ohne dafür stichhaltige Gründe zu nennen.

Dann stellten sich die Chefs der Impfstoff-Hersteller den Fragen von EU-Abgeordneten, darunter Astrazeneca-Chef Pascal Soriot. Auf die Frage, warum das Unternehmen die Lieferungen an die EU kürzt, aber nicht die Exporte in andere Erdteile, sagte er wortreich, man arbeite rund um die Uhr, um die Lieferzusagen zu erfüllen. Als Draghi das hörte, habe er laut Beobachtern "vor Wut geschäumt".
Exportstopp für 250.000 Dosen: EU-Kommission schweigt
Einen Tag später beantragte seine Regierung in Brüssel den Exportstopp für 250.000 Dosen, die in einer italienischen Fabrik hergestellt wurden. Die EU-Kommission hatte nach ihrem Regelwerk die Möglichkeit, das Ansinnen abzulehnen, anzunehmen oder zu schweigen. Letzteres tat sie. Unterstützung bekam Italien aus Frankreich: Europaminister Clément Beaune sagte, Rom habe richtig gehandelt.
Der Chefsprecher der EU-Kommission, Eric Mamer, trat zugleich dem Eindruck entgegen, die EU wolle keine Vakzine mehr ausführen, und verwies darauf, dass seit Januar 174 Exportgenehmigungen bei der EU-Verwaltung eingingen - und kein einziger Export verboten wurde. Die Aktion könnte dennoch Kreise ziehen. So blickt man in Brüssel mit Spannung auf die nächsten Wochen. Am 17. März soll das Vakzin des US-Herstellers Johnson&Johnson die EU-Zulassung bekommen. Lässt Washington trotz des geltenden Exportbanns die Ausfuhr der bestellten Menge nach Europa zu?