Der Glaeseker-Prozess: Spreewaldgurken vom Generalfeldschnulli

HANNOVER Und wieder ein Korruptionsprozess rund um Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Wieder im Landgericht Hannover, wieder im Saal 127. Diesmal muss sich Olaf Glaeseker verantworten, der frühere Vertraute von Wulff. Und dem könnte damit weitere Unbill drohen – eine Strafverfolgung wegen Falschaussage.
Die juristischen Vorwürfe gegen Glaeseker sind deutlich härter. Bei Wulff geht es um um Vorteilsannahme und um niedrigere Summen (719 Euro). Bei seinem Ex-Sprecher lautet die Anklage auf Bestechlichkeit, es geht um Gratisurlaube und Freiflüge im Wert von 12 000 Euro. Der mitangeklagte Eventmanager Manfred Schmidt hat sie Glaeseker ausgegeben. Das ist unstrittig. Die Anwälte sagen aber, dass dies aus reiner freundschaftlicher Zuneigung passiert ist.
Die Staatsanwälte dagegen sehen einen Zusammenhang mit den drei Nord-Süd-Partys. Schmidt hat sie organisiert und rund 800 000 Euro Gewinn damit gemacht, Glaeseker – damals Regierungssprecher von Niedersachsen – hat Sponsorengelder in Höhe von 650 000 Euro akquiriert. Die Anklage glaubt, das seien Gefälligkeiten als Gegenleistung für die Urlaube unter Ausnutzung seiner Position gewesen. Glaesekers Anwälte sagen dagegen, das sei einerseits ein privater Freundschaftsdienst gewesen und andererseits im Interesse des Landes Niedersachsen: Bei den Partys ging es um die Beziehungspflege zu Baden-Württemberg.
Glaeseker selbst sagte gestern zum Auftakt des Prozesses: „Ich habe mich im Sinne meines Dienstherrn engagiert.“ Einen direkten Auftrag habe es aber nicht gegeben.
Und hier kommt Wulff ins Spiel: Wie viel hat er von dem Treiben seines Sprechers gewusst? Die beiden waren jahrelang so eng, dass Wulff Glaeseker seinen „siamesischen Zwilling“ genannt hat. Am 22. Dezember 2011, als Wulff selbst schon wegen seines Hauskredits im Kreuzfeuer stand, feuerte er Glaeseker. Der simste Wulff im Januar 2012: „Guten Morgen, mein Lieber. Wie ist deine Verfasstheit?“ Und dann bat er ihn, der Staatsanwaltschaft zu bestätigen, dass Wulff von Glaesekers Verbindung zu Schmidt und den Urlauben gewusst habe. Wulff simste zurück: „Warum sollte ich dir das bestätigen? Es hilft dir nicht, aber es schadet mir massiv.“
Auch Wulff muss als Zeuge aussagen
So sagte er im Juni 2012 auch gegenüber der Staatsanwaltschaft aus, die Freundschaft zwischen Wulff und Glaeseker zerbrach endgültig. An der Darstellung, Wulff habe von den Urlauben nichts gewusst, gibt es massive Zweifel – nicht nur, weil man bei einem „siamesischen Zwilling“ meist weiß, wo der seine Ferien verbringt, sondern auch, weil Wulffs Exfrau und Tochter ebenfalls bei Schmidt Urlaub machten. Deswegen wird es jetzt spannend, ob Wulff seine Aussage wiederholt, wenn er Anfang Februar im Glaeseker-Prozess als Zeuge geladen ist. Wenn ja – und wenn sie sich als unwahr herausstellt –, ist er wegen Falschaussage dran. Glaeseker bekrätigte gestern: Wulff sei stets im Bilde gewesen.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch der Mailwechsel zwischen Glaeseker und Schmidt. Aus diesem geht in der Tat eine gewisse Zuneigung hervor – sie nennen sich „Oberschnulli“ und „Generalfeldschnulli“, Wulff taucht leicht abfällig wegen seiner gepressten Sprechweise als „Knödel“ auf. Aber er belastet Glaeseker auch. Da bedankt er sich einmal für die Urlaube, eine „Großzügigkeit, die nicht selbstverständlich ist“. In der Antwort Schmidts heißt es: „Sponsoren brauche ich auch noch.“ Glaeseker: „Dann guck ich mal, watt noch geht.“ Glaesekers Anwälte verweisen aber darauf, dass er sich sehr wohl als Freund für die Urlaube bedankt hat, zum Beispiel mit Spreewaldgurken und Mettwürsten.
Jetzt sehen sie sich also vor Gericht wieder, die beiden früheren Freunde Glaeseker und Wulff – und können einander schaden. Für den Ex-Präsidenten, der von 217<TH>000 Euro Ehrensold im Jahr lebt, geht es ums Ansehen, im schlimmsten Fall droht ihm eine Geldstrafe. Glaeseker dagegen werden im Fall eines Urteils von mehr als sechs Monaten Haft auf Bewährung die Pensionsansprüche aberkannt.