Der Geist von Bayreuth: Was Studenten sagen

An Guttenbergs Uni sind viele stolz auf den Minister – aber besorgt wegen der Folgen
Christoph Landsgesell |
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BAYREUTH Hier ist nicht Berlin, doch die guttenbergsche Gelfrisur hat sich mittlerweile auch in Franken etabliert. Auf dem Campus der Bayreuther Universität ist sie nicht bloß Mode, sondern in diesen Tagen auch Symbol. Für eine Universität, deren Studenten zu ihrer Hochschule und ihrem bekanntesten Absolventen Karl-Theodor zu Guttenberg halten.
Die Studenten haben vorlesungsfrei, es geht erst im Mai weiter. Die BWLer schreiben gerade ihre letzten Prüfungen, Markus Meier ist im Stress. Doch wer Student in Bayreuth ist, kommt am Thema Guttenberg nicht vorbei. „Ich fand ihn ja immer sympathisch”, sagt Meier. „Der Plagiatsfall kratzt aber an seiner Glaubwürdigkeit.” Die Forderungen, Guttenberg, solle zurücktreten, hält er für überzogen. „Nur, weil er so in der Öffentlichkeit steht, wird das alles so hoch gehängt”, sagt Meier.
Von 1992 bis 1999 studierte Guttenberg in Bayreuth Jura, absolvierte das Erste Staatsexamen und ließ das Zweite sausen. 2007 promovierte er hier. Summa cum laude. Oder doch nur alles abgeschrieben? Und ist die Universität am Ende selbst schuld an dem Skandal um den Doktortitel?
Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren in Bayreuth. Deutschlandweit zählt die Universität zur Elite. Mit 10000 Studenten eher klein und beschaulich steht Bayreuth in den Hochschulrankings weit vorne. Andreas Voßkuhle, der Präsident des Verfassungsgerichts, studierte hier, genauso wie Auma Obama, Halbschwester von US-Präsident Barack Obama. Was fehlt, ist allein die Tradition. Der Campus wurde erst in den siebziger Jahren erbaut, die Gebäude sind nicht besonders schön, aber zweckmäßig.
Noch bis vor einigen Tagen hatte die Universität auf ihrer Homepage mit Guttenberg für ihr Jura-Studium geworben, jetzt ist der Spot gelöscht worden. „Viele Studenten hier sind stolz auf ihn und unterstützen ihn auch im Internet”, erzählt Rafael Plesmann. Denn vor allem im Netz ist die Schadenfreude und die Jagd nach weiteren Guttenberg-Fehlern groß. Plesmann hielt die ersten Schlagzeilen für „Panikmache" und einen Hype der Medien. „Jetzt erhärtet sich das immer mehr.” Bei der Gorch-Fock-Affäre wurde dem Verteidigungsminister unrecht getan, findet er. Doch was, wenn die Vorwürfe bestätigt werden? „Das wäre peinlich, vor allem für die Universität”, sagt Plesmann.
Man merkt vielen Studenten Enttäuschung über Guttenberg an. „Unser Gutti”, einer von ihnen, der gezeigt hat, wie weit man mit einem Bayreuth-Studium kommen kann: bis zum Amt des Verteidigungsministers. Trotzdem kam Guttenberg in den vergangenen Jahren immer wieder zu Vorträgen nach Bayreuth. 2009 hörte ihm Rafael Plesmann zu. „Eloquent, er hat toll geredet.”
Antje Seidel hat sich ihre Sätze zurechtformuliert. Sie ist Sprecherin des Studierendenparlaments. Sie erzählt, dass der Ruf der Universität natürlich weiterhin brillant sei, und die erfolgreichen Absolventen ausgezeichnete Jobchancen hätten und an der Hochschule rechtens gearbeitet werde. „Es geht jetzt darum, dass Bayreuth seinen Ruf nicht verliert”, sagt die Lehramtsstudentin.
Das befürchten auch die Kommilitonen Julian Zuber und Sebastian Becker. Sie studieren „Philosophy and Economics”. Klingt exklusiv. Ist es auch. Jeder Personaler kenne in Zukunft die Guttenberg-Geschichte, was seine Chancen bei der Jobsuche als Bayreuth-Absolvent schmälern könnte, sagt Becker. Doch vor allem die Juristen dürften darunter leiden. „Dabei ist Guttenbergs Doktorarbeit doch nur eine von Tausenden, die hier geschrieben wurde”, sagt Zuber.
Sie müssen weiter. Es ist kalt und windig auf dem Campus. Die Frisuren halten. Noch.

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