Der Fall Sarrazin: Stress für alle
BERLIN - Der Bundespräsident Christian Wulff gerät unter Druck, in Sarrazins Noch-Partei rumort es gwaötig: Die SPD und die Bundesbank wollen den Ex-Senator los werden – und tun sich damit schwer.
Der Streit um Thilo Sarrazin und seine Thesen schaukelt sich immer weiter hoch: Vor der anstehenden Entscheidung über den Rauswurf des SPD-Mannes aus dem Bundesbank-Vorstand gerät auch Bundespräsident Christian Wulff unter Druck. Er muss die von Sarrazins Noch-Vorstandskollegen gewünschte Entlassung unterschreiben. Das aber wäre ein Rechtsbruch, meint etwa der Münchner CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler. Wulff selbst habe die Bundesbanker erst zu dem Schritt ermutigt, mit dem Satz: „Ich glaube, dass jetzt der Vorstand der Deutschen Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet – vor allem auch international."
Auch in der SPD rumort es kräftig weiter: In der kommenden Woche soll das Parteiausschlussverfahren gegen den früheren Berliner Finanzsenator starten, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. Nicht hinnehmen will das der frühere Hamburger SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi. Er bot seinem Parteifreund die Verteidigung vor dem Schiedsgericht an. Sarrazin ließ offen, ob er darauf eingeht: „Da rede ich erstmal mit Herrn von Dohnanyi.“ Auch der frühere SPD-Politiker Wolfgang Clement legte sich für Sarrazin ins Zeug: „Jeder, der ihn kennt, weiß, dass es verleumderisch ist, ihn auch nur in die Nähe rassistischer Überlegungen zu bringen.“
Sarrazin hatte angekündigt, gestern wieder in sein Bundesbank-Büro zu gehen. Zuvor freilich absolvierte er einen weiteren öffentlichen Auftritt, diesmal mit Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). In Berlin sprachen beide über Integration, ohne dass die Fetzen geflogen wären. Süssmuth verlangte, Deutschland müsse sich dazu bekennen, ein Einwanderungsland zu sein. Sarrazin blieb sich ebenfalls treu: Er verlangte mehr Druck auf Zuwanderer: „Wir brauchen Integration durch Arbeit und beruflichen Aufstieg“, sagte er. Dabei müsse Einsatz gefordert werden: „Bei Leistung darf es keinen Rabatt geben“.
Nach der Diskussion ging er mit Leibwächtern zu seinem Auto. Ein Mann rief aus einem wartenden Wagen: „Sarrazin, Du Nazischwein.“ mue