Der erste Arbeitstag
BERLIN - Stabwechsel in Berlin: Die schwarz-gelben Minister übernehmen ihre Ämter – mit großen Worten und ersten kleinen Taten. Die roten Minister verabschieden sich unter Tränen
Deutschlands neue Regierung hat ihre Arbeit aufgenommen: Die Minister von Union und FDP haben ihren ersten Tag im Amt absolviert – viele mit feierlichen Antrittszeremonien, einige schon mit Alltags-Klein-Klein oder richtig brisanten Aufgaben. Ein Überblick über den ersten Tag von vier Jahren Schwarz-Gelb.
Guido Westerwelle.
Der Tag beginnt mit einer großen Zeremonie im überfüllten Weltsaal des Außenministeriums. Frank-Walter Steinmeier wird mit stehenden Ovationen verabschiedet. Mit großer Geste und nah an der Grenze zur Platitüde tritt dann der Neue auf: „Unsere Politik ist immer dann am erfolgreichsten, wenn sie Seite an Seite mit unseren Partnern erfolgt. Zugleich sollten wir uns nicht kleiner machen, als wir sind“, sagt Guido Westerwelle. Er wolle besonders die Beziehungen zu Osteuropa vertiefen und damit Willy Brandts Ostpolitik „vollenden“.
Und generell: „Ich habe großen Respekt vor diesem Amt, das verschweige ich nicht.“ Er lobte ausdrücklich auch Steinmeiers Arbeit. Am Abend flog er dann gleich zum ersten echten Termin – dem EU-Herbstgipfel in Brüssel. Den absolviert er noch gemeinsam mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel, kann sich schon mal bei allen EU-Amtskollegen vorstellen. Die erste Reise alleine führt den FDP-Chef dann am Montag nach Frankreich und in die Niederlande.
Karl-Theodor zu Guttenberg.
Der neue Verteidigungsminister bekommt gleich in den ersten Amtsminuten eine Aufgabe mit Sprengsatzwirkung auf den Schreibtisch: Exakt während des Zapfenstreichs, mit dem Vorgänger Franz Josef Jung verabschiedet wurde, landet ein Flugzeug aus Afghanistan in Berlin – an Bord der brisante Bericht zu dem deutschen Angriff. Nach Jungs katastrophalen Krisenmanagement rund um den Vorfall war im politischen Berlin vermutet worden, dass der brisante Bericht erst kommt, wenn er nicht mehr im Amt ist.
Dem jungen CSU-Star wurde der Nato-Bericht gestern bereits vorgelegt – den öffentlichen Kommentar dazu gibt aber Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan ab: Er sehe die Bundeswehr als entlastet an. Zu Details wolle er nichts sagen; nur: Die Totenzahlen bewegten sich zwischen 17 und 142. Aus Bundeswehrkreisen wurde aber auch darauf verwiesen, dass die Lage in Kundus seit dem Bombardement ruhig ist wie lange nicht mehr – in den letzten zwei Monaten gab es insgesamt fünf Angriffe. Zuvor war es an jedem zweiten Tag einer.
Philipp Rösler.
Der andere Jungstar – der 36-jährige FDP-Mann – steht deutlich im Schatten seiner Amtsvorgängerin. Mit Tränen in den Augen und sehr bewegt verabschiedet sich Ulla Schmidt nach neun Amtsjahren von ihren Mitarbeitern. „Es waren schöne und harte Jahre“, sagt sie. „Ich habe nur so lange durchgehalten, weil ich mich aufgehoben gefühlt habe und weil ich wusste, dass die hohe Kompetenz meiner Mitarbeiter in meinem Rücken ist.“
Sie bittet die Belegschaft, Rösler die gleiche Loyalität entgegenzubringen. Der sagt artig, er gelte als „pflegeleicht“ – und lobt Schmidt, es sei „bemerkenswert“, wie lange sie sich in diesem schweren Amt gehalten habe.
Franz-Josef Jung.
Der alte Verteidigungsminister tritt schon in seiner neuen Rolle auf – als Arbeits- und Sozialminister äußert er sich zu den Arbeitsmarktzahlen. Und tut kund, er halte den „Weg für richtig“, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Lösung zur Vermeidung von Datenmissbrauch suche.
Wolfgang Schäuble.
Der neue Herr der Finanzen konzentriert sich gleich auf sein schwerstes Thema: die Steuerreform. Die Entscheidungen würden erst Mitte 2010 fallen, kündigt er an. Es liege nun an den Bundesländern, ob der Koalitionsvertrag umgesetzt werden könne. Auch Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel rudert zurück: „Auf Punkt und Komma kann ich das nicht garantieren.“ tan