Der Bundespräsident weiter in der Defensive

Bundespräsident Christian Wulff bleibt wegen seines umstrittenen Privatkredits und enger Kontakte zu befreundeten Unternehmern in der Defensive.
von  dpa

Berlin - Sein Anwalt räumte ein, dass der Geschäftsmann Egon Geerkens doch an der Vergabe eines Darlehens für den Hauskauf des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten beteiligt war. Während Koalitionspolitiker Wulff am Mittwoch Rückendeckung gaben, warf die Opposition dem Staatsoberhaupt vor, immer nur scheibchenweise die Wahrheit zuzugeben.

Mit Spannung wird nun erwartet, ob der Bundespräsident in seiner Weihnachtsansprache auf die Vorwürfe gegen ihn eingeht. Zu der Fernsehaufzeichnung am Mittwochnachmittag in seinem Amtssitz Schloss Bellevue waren nach Angaben aus dem Präsidialamt auch wieder Bürger eingeladen. Im vergangenen Jahr hatte Wulff als erster Bundespräsident Gäste dazugebeten.

Wulffs Anwalt Gernot Lehr bestätigte erstmals, dass Egon Geerkens in die Verhandlungen über den 500 000-Euro-Kredit eingeschaltet war. Dies sei aufgrund des besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen Beziehungen von Geerkens zu Wulff geschehen, teilte Lehr in einem Schreiben an die Zeitung "Die Welt" mit. Das Darlehen selbst sei aber von Geerkens' Ehefrau Edith gewährt worden. Wulff hatte sich bislang nicht zur Rolle von Geerkens bei dem Kredit geäußert.

Zu den Vorwürfen rund um Wulffs Interview-Buch, die den Präsidenten zusätzlich unter Druck brachten, wurden weitere Einzelheiten bekannt. Der mit ihm befreundete Unternehmer Carsten Maschmeyer hatte eine Anzeigenkampagne für den Band "Besser die Wahrheit" finanziert. Von diesen Zahlungen wusste der damalige Ministerpräsident in Hannover nach Angaben seines Anwalts, Maschmeyers und des Verlages jedoch nichts.

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wurden auf Wunsch Maschmeyers die Rechnungen für die PR-Aktion geändert. Dadurch habe der Geschäftsmann offenbar seine großzügige Unterstützung für Wulff verbergen wollen, schrieb das Blatt.

Bei der Staatsanwaltschaft Hannover liegen bislang vier Strafanzeigen gegen Wulff vor. Auf einen Untersuchungsausschuss wollen und SPD und Grüne im niedersächsischen Landtag vorerst verzichten. Zunächst müssten alle anderen parlamentarischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, erklärten ihre Vertreter.

In der Bevölkerung hat Wulff an Autorität eingebüßt. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins "Stern" sagten 31 Prozent der Bürger, er habe für sie an Ansehen verloren. Trotzdem hat die große Mehrheit (62 Prozent) an Wulffs bisheriger Amtszeit nichts auszusetzen: 52 Prozent sind damit zufrieden, 10 Prozent sogar sehr zufrieden. Einen Rücktritt Wulffs lehnt die überwältigende Mehrheit der Bürger (79 Prozent) weiter ab.

Nach Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) das Staatsoberhaupt in Schutz. "Ich habe volles Vertrauen zu diesem Bundespräsidenten", sagte er der "Berliner Zeitung". Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte ebenso ein Ende der Debatte wie die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. "Aus Respekt vor dem Amt sollte die Diskussion unverzüglich eingestellt werden", sagte diese der "Neuen Osnabrücker Zeitung". FDP-Generalsekretär Patrick Döring bezeichnete in der "Rheinischen Post" die jüngsten Vorwürfe wegen der Anzeigenkampagne für ein Wulff-Buch als haltlos.

Der SPD-Politiker Sebastian Edathy zog dagegen Parallelen zum Fall von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der als Verteidigungsminister nach massivem Druck wegen abgeschriebener Passagen in seiner Doktorarbeit zurückgetreten war. "Erst wird dementiert, dann wird behauptet, es gebe Missverständnisse, dann wird eine Teilentschuldigung vorgenommen", kritisierte der SPD-Innenexperte in "Handelsblatt-Online". Täglich nähmen die Zweifel zu, ob der Bundespräsident noch seiner Vorbildfunktion gerecht werde.

Der Publizist Hugo Müller-Vogg, der die Interviews mit Wulff für das Buch geführt hatte, kritisierte im MDR, das Präsidialamt warte offenbar die Weihnachtstage in der Hoffnung ab, dass die Sache im Januar vergessen sei.

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