Der Bruch mit Stoiber: Seehofer mistet aus

Im Desaster um die BayernLB will der neue Ministerpräsident die Schuldigen finden und an den Pranger stellen - sogar über einen Untersuchungsausschuss wird in der CSU schon nachgedacht
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Im Desaster um die BayernLB will der neue Ministerpräsident die Schuldigen finden und an den Pranger stellen - sogar über einen Untersuchungsausschuss wird in der CSU schon nachgedacht

Er mistet jetzt aus. Gnadenlos. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will die Sündenböcke im Desaster um die BayernLB an den Pranger zerren - und dabei auch mit seinem Vorgänger Edmund Stoiber brechen.

Beamte in der Staatskanzlei sind schon beschäftigt, herauszufinden, wer wann, wo und was in Sachen Landesbank entschieden hat. Damit nicht genug: Aufklärer Seehofer überlegt sogar, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um die Verantwortlichen für die Milliarden-Katastrophe zu ermitteln.

Das sorgt in der CSU-Fraktion für eine heftige Diskussion. Bisher hatte nämlich in Bayern immer nur die Opposition das politische Tribunal eingesetzt – und die CSU gemauert. Jetzt soll sie plötzlich ihre eigenen Verfehlungen aufarbeiten.

Ruhestandsgelder kürzen?

Seehofer will einen Schluss-Strich ziehen, zwischen der neuen CSU mit ihm und der alten unter Stoiber. Auch wenn die beiden gestern beim Trauergottesdienst für Stefan Schörghuber einträchtig nebeneinander saßen, der Schein trügt. Wer der wirklich Schuldige an dem ganzen Scherbenhaufen ist, hat Seehofer bereits in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht.

Eiskalt hat er Stoiber und dessen Großmanns-Sucht die Verantwortung zugeschoben, als er erklärte: „Ich werde die Landesbank nicht unter Druck setzen, ständig die Nummer eins der Welt zu sein.“ In der Fraktion wird bereits diskutiert, ob man Stoiber und allen anderen Mitgliedern des Verwaltungsrats die Ruhestandsgelder um die Hälfte kürzen und sie in eine Stiftung für die Milliardenverluste der Landesbank einzahlen soll.

Wirklich nie Thema in Stoibers Kabinett?

Stoiber selbst weigert sich, Fehler einzugestehen, und schiebt die Schuld auf die „Globalisierung“ und seinen Finanzminister Kurt Faltlhauser. Im Kabinett sei die Landesbank nie Thema gewesen, hatte er erklärt.

Offensichtlich aber weiß Stoiber nicht mehr, was er getan hat. Am 18. Dezember 2001 brachte seine Regierung den Entwurf „zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bayerischen Landesbank“ ein. Über den wurde im Kabinett ausführlich diskutiert. Dabei ging es um eine grundlegende strategische Neuausrichtung der Landesbank.

Von der Staatskanzlei in den Bank-Vorstand

Zwischen Stoiber und Faltlhauser gab es da engste Kontakte. In dem Gesetzestext heißt es: „Ferner soll durch dieses Gesetz die Grundlage für eine moderne Aufsichtsstruktur der Landesbank mit schlanken Gremienstrukturen, schnellen Entscheidungsprozessen und einer optimierten Risikokontrolle geschaffen werden.“ Doch wo blieb die Risikokontrolle?

Seinen engsten Mitarbeiter Rudolf Hanisch hatte Stoiber schon 1999 von der Staatskanzlei in den Vorstand der BayernLB abbeordert, obwohl der gar kein Banker war. So wollte er Einfluss auf die Landesbank nehmen. 2005 wurde Hanisch sogar Vize-Vorstandschef. Er muss jetzt gehen, weil er 1,7 Milliarden Euro in Island versenkt hat.

Dependancen in aller Welt

Die BayernLB richtete rund um die Welt Dependancen ein. In Nordamerika und Kanada. Dorthin hatte Hanisch enge Kontakte. Aber auch auf den neuen Märkten in Asien, China und Indien wollte Stoiber mit Bayern vertreten sein.

In Shanghai und Neu Delhi baute die BayernLB repräsentative „German Center“. In der CSU räumt man nun ein: „Die agierten wie Botschaften, wenn Stoiber durch die Welt reiste.“

Fall für die Staatsanwaltschaft?

Vor zwei Jahren kaufte die BayernLB die österreichische Hypo Alpe Adria mit 7000 Mitarbeitern. Die Bank hat nicht den besten Ruf. Sie macht Geschäfte auf dem Balkan. In der der CSU spricht man sogar von der „Milosevic-Bank“.

In der CSU gilt sie inzwischen als tickende Zeitbombe. Bei der damaligen Übernahme soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Beweise dafür allerdings hat man noch nicht. In der Fraktion aber wird schon gemunkelt: Das ganze Landesbank-Desaster könnte noch ein Fall für die Staatsanwaltschaft werden. Ein Rechtsexperte der Fraktion: „Die braucht aber immer, bis sie in Gang kommt.“

Angela Böhm

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