Der Billionen-Gipfel
LONDON - Die G20-Staaten stemmen sich gegen die Krise – mit gigantischen Summen und neuen Regeln für die Finanzbranche: „Das Monster wird gezähmt“
Ein beispielloser Kraftakt in einer beispiellosen Krise: Nach langem Ringen zwischen britischer Dinner-Diplomatie und deutschen Drohgebärden rauften sich die Staats- und Regierungschefs der 20 stärksten Industrie- und Schwellenstaaten doch noch zusammen. Die G20 werden 1,1 Billion Dollar in den Welthandel und die ärmsten Länder pumpen. Und die globalen Finanzmärkte werden nach Jahren exzessiver Gewinne streng an die Kandare genommen.
Wer hat welche Rolle gespielt?
Eine besondere Position nahmen vor allem Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy ein. Von Anfang an hatten sie in dramatischer Weise Druck auf ihre Kollegen gemacht: „Wir brauchen Ergebnisse, die die Welt verändern.“ Ein ums andere Mal schmetterten sie Entwürfe ab, die sie zu lasch fanden. Am Schluss setzten sie sich in vielen Punkten durch. Sarkozy begeistert: „Wir hätten nie gedacht, ein solch großes Übereinkommen zu erzielen.“ Eine sehr gelöste Merkel: „Das ist ein sehr, sehr guter, ja, ich glaube historischer Kompromiss.“
Sie sprach von einem „Sieg für die globale Zusammenarbeit“: Die Kanzlerin auf die Frage, ob das „Monster“, wie das Banken- und Versicherungssystem auch schon genannt wurde, nun gezähmt sei: „Es wird gezähmt.“ Der neue US-Präsident Barack Obama zeigte sich eher zurückhaltend und sehr kooperativ, hieß es. Mit seiner Forderung nach neuen Konjunkturprogrammen konnte er sich zunächst nicht durchsetzen. Doch auch er sprach begeistert von einem „Wendepunkt in der Krise“.
Was gilt für die Finanzmärkte?
Alle „systemisch wichtigen“ Hedgefonds und Ratingagenturen sollen stärker kontrolliert und reguliert werden. Eine neue weltweite Aufsichtsbehörde, das „Financial Stability Board“, soll frühzeitig vor Risiken auf den Finanzmärkten warnen.
Was ist mit Steueroasen?
„Die Ära des Bankgeheimnisses ist vorbei“, heißt es radikal im Abschlusskommuniqué. Die OECD legte umgehend eine „Schwarze Liste“ von Ländern vor, die jegliche Kooperation und Aufsicht verweigern: Costa Rica, die Philippinen, Malaysia und Uruguay. Auf der „Grauen Liste“ von Staaten, die sich den internationalen Regeln unterworfen haben, sie aber noch nicht völlig umsetzen, stehen auch Österreich, die Schweiz, Belgien, Luxemburg und Liechtenstein. Finanzminister Peer Steinbrück: „Wenn mir das vor einem halben Jahr jemand gesagt hätte, hätte ich gedacht, dass der träumt.“
Ändern sich die Managergehälter?
Die G20 fordern, die Vergütungen von Managern so umzubauen, dass Führungskräften Anreize für langfristiges Wirtschaften gesetzt werden – und nicht mehr für kurzfristige Gewinne.
Was bekommt der IWF?
Insgesamt 1,1 Billionen Dollar (817 Millionen Euro) soll für Investitionen in den Entwicklungs- und Schwellenländern bereitgestellt werden. Die Reform ist die größte seit der IWF-Gründung 1944.
Wie reagieren die Märkte?
Die G20-Beschlüsse wurden an den Börsen begeistert gefeiert. Der Dax legte über sechs Prozent zu, der Dow Jones stieg schon in seinen ersten zwei Handelsminuten um zwei Prozent.