Der Auftritt des T-Buhmanns

FRANKFURT/MAIN - Ron Sommer ist sichtlich unbehaglich zumute, als er unter Blitzlichtgewitter vor dem Frankfurter Oberlandesgericht erscheint. Er ist als Zeuge in einem Zivilverfahren geladen – aber für viele ist er einer der Hauptangeklagten in einem Prozess, in dem es um Erfolg und Versagen der früheren Telekom-Spitze geht.
17000 Kläger wollen Schadenersatz. Sie fühlen sich getäuscht, unter anderem vom ehemaligen Börsenstar Ron Sommer. Er habe die Aktionäre beim dritten Börsengang der Telekom im Mai 2000 über kostspielige Pläne des Konzerns im Unklaren gelassen, sagen sie.
Aber Sommer hält dagegen: Nein, er habe damals nicht gewusst, dass er das US-Mobilfunkunternehmen Voice-Stream für rund 39 Milliarden Euro übernehmen werde, sagt er vor Gericht. Es sei im Mai 2000 zu früh gewesen, über Milliarden-Lasten zu sprechen.
Erst im Juli zum Voice-Stream-Deal entschlossen
Zwar habe er sich vor dem Börsengang mit den Voice-Stream-Chefs unterhalten, berichtet Sommer. Aber „das Treffen, das wir am 13. März in einem New Yorker Hotel hatten, war ein Abtasten vom Vorstand von Voice-Stream und uns.“ Erst nach „geheimen“ Gesprächen mit einem anderen Unternehmen habe er sich Mitte Juli zu neuen Übernahmeverhandlungen mit Voice-Stream entschlossen.
Sommer verteidigte den Kauf: Der Öffentlichkeit sei nie klar geworden, „wie wenig wir Cash und wie viel wir glücklicherweise in Aktien bezahlt haben“. Die Telekom habe lediglich knapp fünf Milliarden Euro bar hinlegen müssen – für eine Beteiligung, die gegenüber dem Konkurrenten Vodafone in den USA einen entscheidenden Vorsprung versprach.
Beispiellose Einkaufstour
Eine Version, die ihm viele Anleger kaum abkaufen werden – auch wenn sie, was das Vorgehen bei den Übernahme-Verhandlungen angeht, nicht unglaubwürdig wirkt. Immerhin war Sommer als Telekom-Boss tatsächlich auf eine beispiellose Einkaufstour gegangen, hatte mit der gesamten Branche gesprochen, ein Netz von Beteiligungen zusammengekauft, um der Telekom zu Weltgeltung zu verhelfen.
Aber das ist lange her. Vom Aktionärsliebling ist Sommer längst zum T-Aktien-Buhmann geworden. Sein Image wurde vollkommen ruiniert, als der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel und Ex-Kanzler Gerhard Schröder den Daumen über ihn senkten. Anders urteilen heute manche Börsen-Beobachter: Sie sehen den Voice-Stream-Kauf eher positiv. Zwar gilt der Kaufpreis als deftig – doch gehört das Unternehmen seit einigen Jahren zu den Telekom-Geschäftsbereichen mit dem größten Wachstum.
Als Berater im Hintergrund
Einen öffentlich beäugten Vorstandsjob in Deutschland hat sich Sommer seit seinem Rausschmiss bei der Telekom nicht mehr angetan. Er hält sich im Hintergrund, berät einflussreiche Privatpersonen und Unternehmen. Außerdem arbeitet er in Gremien der indischen Tata-Gruppe, des russischen Technologie-Konzerns Sistema, bei Motorola, der Münchener Rückversicherung und dem Chemie-Unternehmen Celanese.
Und er gehört zu den Beratern des Finanzinvestors Blackstone. Der stieg im April 2006 mit 4,39 Prozent bei der Telekom ein – ein Investment, das den ehrgeizigen Renditeerwartungen der Amerikaner nicht wirklich gerecht werden konnte. Schließlich gab der Telekom-Börsenkurs seit dem Blackstone-Einstieg deutlich nach. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres rutschte Blackstone in die roten Zahlen.