Der Anfang vom Ende: Bittere Stunden für Seehofer

Mit dem desaströsen CSU-Wahlergebnis hat der bayerische Ministerpräsident seine Vorgänger Beckstein und Huber noch unterboten. Die Basis gibt Horst Seehofer und seinem Kleinkrieg gegen die FDP die Schuld
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Seehofer: Steuersenkungen vielleicht vor 2011
dpa Seehofer: Steuersenkungen vielleicht vor 2011

MÜNCHEN - Mit dem desaströsen CSU-Wahlergebnis hat der bayerische Ministerpräsident seine Vorgänger Beckstein und Huber noch unterboten. Die Basis gibt Horst Seehofer und seinem Kleinkrieg gegen die FDP die Schuld

Das werden am Montag im Parteivorstand ganz bittere Stunden für Horst Seehofer. Der vermeintliche Heilsbringer ist schwer angezählt. Für die CSU hat er das schlechtes Bundestagswahlergebnis seit 1949 eingefahren. Den Gästen bei der Wahlparty in der Hanns-Seidl-Stiftung stockt der Atem, als die ersten Hochrechnungen erscheinen: Die CSU ist abgeschmiert auf 41 Prozent. Damit hat Seehofer noch seine Vorgänger Erwin Huber und Günther Beckstein untertroffen. Sie hatten bei der Landtagswahl vor einem Jahr desaströse 43 Prozent erreicht und mussten gehen.

Auch die Tage von Seehofer sind jetzt gezählt. Das ist der Anfang von seinem Ende. Offiziell hält die Parteispitze am Wahlabend zu ihm, versichert unisono, dass es keine Personaldebatte gebe. Was soll sie auch anderes tun? Doch hinter vorgehaltenem Mund ist der Schuldige für alle klar. Seehofer hat mit seinem FDP-Mobbing die Wahl versaut. Ex-CSU-Chef Erwin Huber sagt es als erster in die Kameras: „Wir hätten massiv Rot-Rot attackieren müssen, statt diesen Kleinkrieg gegen die FDP anzuzetteln.“

Seehofer war der beste Wahlkampfhelfer für die Liberalen. Die sind in Bayern bei über 15 Prozent. Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte kurz vor der Wahl gesagt: „Hoffentlich bekommt der Seehofer von der Wählern eine solche übergezogen.“ Das hat sich erfüllt.

Da kann es die CSU auch nicht mehr recht aufmuntern, dass Schwarz-Gelb nun in Berlin regiert. Denn nun heißt es für die gedemütigten Schwarzen aus Bayern: Westerwelle triumphiert und dirigiert.

Seehofer ist geschockt. Die 16-Uhr-Prognose hatte der CSU 45 Prozent vorausgesagt. Damit hätte er leben können. Aufgeräumt kommt er um 16.50 Uhr in der CSU-Landesleitung an: „Mir geht’s immer gut, wenn ich sonntags ausschlafen kann.“ Dabei weiß er da schon, dass er seine persönliche Messlatte gerissen hat. Nach der EU-Wahl im Frühjahr mit 48,1 Prozent hatte er getönt: „Das war jetzt eine Zwischenetappe. Wir legen noch zu.“ Von wegen.

Die CSU-Wähler verpassen der Partei den gewaltigsten Denkzettel in ihrer Geschichte. Fast eine Stunde ringt Seehofer um Fassung. Erst kurz vor 19 Uhr kommt er mit tief gesenktem Kopf in die Hanns-Seidel-Stiftung. Er weiß, was ihm die Stunde geschlagen hat, bei der Basis am Büfett ist die Stimmung schon gekippt. „Das Großmaul aus der Staatskanzlei“, sagt ein Gast. Ein anderer meint sarkastisch: „Inzwischen haben auch die Wähler erkannt, wie Seehofer wirklich ist.“ CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt flüstert Seehofer zu, was er sagen soll: „Wir haben Rot-Rot-Grün verhindert.“ Doch Seehofer hat in dieser bitteren Stunde einen Zettel mitgebracht – er, der sonst immer damit kokettiert, dass er die Zettel wegschmeißt, die ihm Mitarbeiter aufgeschrieben haben, liest jetzt Wort für Wort ab: „Unser Abschneiden in Bayern ist nicht zufriedenstellend. Wir haben das Urteil der Bevölkerung zu akzeptieren. Ich bin fest entschlossen, alles zu tun, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.“

Angela Böhm

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