„Den Eurokraten gehört das Handwerk gelegt!“

Am Montag stimmt sich die FDP auf ihrem Dreikönigstreffen aufs Superwahljahr 2009 ein. Eine davon ist die Europawahl im Juni – der Vorlauf zur Bundestagwahl im September. Die AZ sprach mit der Madame Europa der FDP: Silvana Koch-Mehrin.
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Silvana Koch-Mehrin (38), Fraktionschefin der FDP im EU-Parlament.
dpa Silvana Koch-Mehrin (38), Fraktionschefin der FDP im EU-Parlament.

STUTTGART - Am Montag stimmt sich die FDP auf ihrem Dreikönigstreffen aufs Superwahljahr 2009 ein. Eine davon ist die Europawahl im Juni – der Vorlauf zur Bundestagwahl im September. Die AZ sprach mit der Madame Europa der FDP: Silvana Koch-Mehrin.

AZ: Frau Koch-Mehrin, gerade hat die EU ihre Finger vom Gurkenkrümmungsgrad gelassen. Werden die Oberregulierer in Brüssel zahm?

SILVANA KOCH-MEHRIN: Leider nicht, im Gegenteil: Aus Brüssel kommen zunehmend Regulierungen, die autoritär in das Alltagsleben der Menschen eingreifen. Offenbar meint die EU dringend, sie müsse beweisen, dass es sie gibt und dass sie relevant ist für die Bürger. Politisch richtige Leitziele wie Klimaschutz oder Produktsicherheit verleiten dann dazu, jede Menge Details zu regeln und mit undurchdachten Verboten und Geboten zu arbeiten. Das bekommt zunehmend Entmündigungscharakter.

Wie beim geplanten Glühbirnenverbot...

Eine absurde Maßnahme! Was soll das, den Menschen die Entscheidung wegzunehmen, welche Art von Glühbirnen sie kaufen. Jeder muss doch seine Stromrechnung selbst bezahlen. Leider habe ich keinerlei kritischen Ton von der Bundesregierung zu dieser lächerlichen Politik gehört. Zuletzt wollte die Kommission sogar Pappbilderbücher für Kinder verbieten. Den Eurokraten gehört endlich das Handwerk gelegt! Mit solchen abseitigen Ideen aus dem Büro heraus wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Wer trägt die Hauptschuld daran? Die Regierungen der Mitgliedstaaten oder die Brüsseler Eurokraten?

Rein formal schlägt die Europäische Kommission den ganzen Unfug vor. Aber Sie haben recht: Es gibt Mitgliedsländer, die bestimmte Schnapsideen schon länger haben, sie bei sich zu Hause aber nicht umsetzen können. Dann spielen sie es halt informell über Bande mit der EU. 2009 kommt schon wieder so ein Fall auf die Bürger zu: Gerade ist eine zweite Antidiskriminierungsrichtlinie in der Mache, die noch viel schärfer formuliert ist als die erste.

Im Juni ist Europawahl. Glauben Sie ernsthaft, die Bürger kurz vor der Bundestagswahl für europäische Politik interessieren zu können? Wird's nicht eine klassische Testwahl für Berlin?

Ich glaube auch, dass die Abstimmung diesmal den Charakter einer Vorwahl für die Bundestagswahl haben wird. Aber ich sehe das nicht nur negativ: Wenn es gelingt, zu zeigen, wie viel Europapolitik mit nationaler Politik zu tun hat und umgekehrt, liegt da auch eine Chance drin.

Sie setzen ganz auf die „Marke Silvana“, schreibt die FAZ - und wirft Ihnen vor, zugunsten der Selbstvermarktung superpragmatisch auf alle Inhalte zu verzichten.

Es ist immer wieder bemerkenswert, dass die fünf, sechs Mal, die ich im Jahr in der „Bunten“ bin, sehr viel wichtiger genommen werden als meine ungleich zahlreicheren Interviews mit hochseriösen Tageszeitungen und Fachzeitschriften.

Trotzdem sagen Sie: „Idealismus bringt einen nicht weiter.“

Ganz ohne Ideale geht es sicher nicht, aber: Wer nur Idealen nachhängt, ist an der Uni besser aufgehoben. In der Politik geht's dagegen immer um Kompromisse. Da muss man sich von vielen Idealen verabschieden. Gerade in der Europapolitik mit 27 Mitgliedsländern kommt man mit Pragmatismus einfach weiter.

Ist das auch eine Frage der Politikergeneration? Sind die Özdemirs und Koch-Mehrins ideologiefreier?

Bestimmte Aussagen sind heute einfach Allgemeingut geworden. Nicht mehr nur die Grünen predigen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Nicht mehr nur die Konservativen pochen auf eine besondere Stellung der Familie in der Gesellschaft. Die Atmosphäre ist nicht mehr so aufgeheizt, wie früher.

Ihr Kollege Markus Ferber soll die CSU-Europaliste anführen. Wie erleben Sie den Herrn in Brüssel?

Ich habe nicht sehr viel mit ihm zu tun. Das finde ich nicht schade.

Int.: Markus Jox

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