Demjanjuk gab sich als Naziopfer aus
WASHINGTON - Das US-Justizministerium will die Abschiebung des mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers Demjanjuk beschleunigen. Ein neues Einwanderungsverfahren werde es für den 89-Jährigen nicht geben.
Im Fall des mutmaßlichen NS-Verbrechers John Demjanjuk dringt die US-Regierung auf dessen Abschiebung nach Deutschland. Das Justizministerium forderte das zuständige Berufungsgericht von Cincinnati am Montag auf, seine vor einer Woche getroffene Entscheidung zurückzunehmen, mit der dem 89-Jährigen ein Aufschub gewährt wurde.
Das Ministerium wies in einer Eingabe darauf hin, dass dieser Aufschub damit begründet worden sei, dass eine Entscheidung der Berufungskammer für Einwanderungsfragen in Virginia noch ausstehe. Diese Kammer habe aber am vergangenen Donnerstag den Antrag Demjanjuks abgelehnt, das Einwanderungsverfahren neu zu eröffnen.
Demjanjuk hatte sich nach dem Krieg als Naziopfer ausgegeben und Unterstützung als Flüchtling bekommen. Das geht aus Akten hervor, die beim Suchdienst des Roten Kreuzes (ITS) im nordhessischen Bad Arolsen liegen, sagte eine ITS-Sprecherin am Dienstag. Demnach hatte sich Demjanjuk nach 1945 als «Displaced Person» bezeichnet und damit ebenso wie befreite KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter als von den Nationalsozialisten Verschleppter gegolten. «Unterlagen aus der Kriegszeit liegen aber definitiv nicht vor, sondern nur zur Nachkriegszeit», sagte die Sprecherin.
Die Münchener Staatsanwaltschaft hatte einen Haftbefehl gegen den gebürtigen Ukrainer erwirkt, der als Aufseher im NS-Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen an der Ermordung von mindestens 29.000 Juden beteiligt gewesen sein soll. Vergangene Woche war seine Abschiebung aus den USA nach Deutschland im letzten Moment durch Gerichtsbeschluss gestoppt worden. Ein Berufungsgericht in Cincinnati im Bundesstaat Ohio forderte zunächst weitere Informationen zum Gesundheitszustand des 89-Jährigen an.
Der mutmaßliche frühere KZ-Aufseher soll in München wegen Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen vor Gericht gestellt werden. Am vergangenen Dienstag war Demjanjuk bereits aus seinem Haus zum Flugzeug gebracht worden. Dann verhinderte das Gericht in Cincinnati die Abschiebung in letzter Minute. Seine Familie hatte wegen Demjanjuks Gesundheitszustand Einspruch eingelegt. (AP, dpa)
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