Debatte um sicherere Justizgebäude entbrannt

Nach der Schießerei im Landshuter Landgericht ist die Forderung nach Sicherheitsschleusen in Justizgebäuden aufgekommen. Die Polizeigewerkschaft hält davon wenig, und auch die FDP warnt vor «Oster-Aktionismus».
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In diesem Gebäude fielen die Schüsse
dpa In diesem Gebäude fielen die Schüsse

BERLIN - Nach der Schießerei im Landshuter Landgericht ist die Forderung nach Sicherheitsschleusen in Justizgebäuden aufgekommen. Die Polizeigewerkschaft hält davon wenig, und auch die FDP warnt vor «Oster-Aktionismus».

Nach den tödlichen Schüssen im Landshuter Landgericht ist eine Debatte über schärfere Sicherheitsmaßnahmen an Gerichten entbrannt. Der Münchener Generalstaatsanwalt Christoph Strötz forderte als Reaktion auf das Familiendrama einen flächendeckenden Einsatz von Sicherheitsschleusen in den bayerischen Justizgebäuden.

Bislang werden solche Metalldetektoren, wie sie auch an Flughäfen eingesetzt sind, an vielen Gerichten nur bei einzelnen Prozessen verwendet - so auch in Landshut. In anderen Behörden, wie im Regensburger Justizpalast, werden schon seit Jahren alle Besucher lückenlos auf mögliche Waffen kontrolliert. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sprach sich hingegen gegen solche Sicherheitsschleusen aus. Die Frage, ob eine besondere Gefährdungslage gegeben sei, müsse jedes Gericht selbst beantworten, sagte er der «Kölnischen Rundschau». Die Schüsse von Landshut hätten auch außerhalb des Gerichtsgebäudes fallen können. Ein hohes emotionales Konfliktpotenzial gebe es bei jeder Scheidungsklage. «Dann müssen sie ganz Deutschland schützen.»

Bei einem Prozess wegen eines Erbschaftsstreits hatte am Dienstag ein 60-jähriger Mann im Landgericht Landshut seine 48 Jahre alte Schwägerin erschossen und sich danach mit einem Kopfschuss das Leben genommen. Bei der Schießerei auf dem Flur des Gerichtsgebäudes wurden eine weitere Schwägerin des Täters und ein Rechtsanwalt durch Schüsse verletzt. Der Mann hatte in einer Verhandlungspause plötzlich einen Revolver gezogen.

Nach der Tat hatte auch die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) schärfere Sicherheitsmaßnahmen an Gerichten angekündigt. «In Zeiten zunehmender Gewalt in unserer Gesellschaft müssen wir die Konsequenzen ziehen. Hierzu gehört ein verstärkter Einsatz von Sicherheitsschleusen an den Gerichtseingängen», sagte Merk in München. Sie schränkte aber ein, man könne aus Gerichtsgebäuden keine Hochsicherheitstrakte machen. «Die Gerichte sind ein öffentlicher Ort, an dem Verfahrensbeteiligte und Besucher ein- und ausgehen», sagte die CSU-Politikerin weiter.

FDP: Kein «Oster-Aktionismus»

Auch der Deutsche Richterbund forderte, Einlasskontrollen müssten den örtlichen Gegebenheiten angepasst sein. «Gerichte sind Dienstleister, die für die Bürger offen sein müssen. Wir dürfen da deshalb nicht überreagieren», sagte der Richterbund-Vorsitzende Christoph Frank der «Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung».

Zwar müsse alles für die Sicherheit getan werden, sagte Frank. «Gleichwohl ist Öffentlichkeit eine zentrale Legitimation deutscher Gerichte.» Vorfälle wie in Landshut seien Einzelfälle. Beleidigungen und Drohungen gegen Richter und Staatsanwälte in einschlägigen Internetforen nähmen aber deutlich zu. Das betreffe vor allem die rechtsradikale Szene.

Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnte ebenfalls vor voreiligen Konsequenzen seitens der Politik. Es dürfe keinen «Oster-Aktionismus» geben, der den fürchterlichen Anlässen nicht gerecht werde, sagte sie der «Passauer Neuen Presse». Wenn die CSU jetzt schärfere Kontrollen an Gerichten fordere, müsse man sich die Frage stellen, warum sie nicht längst ein Konzept erarbeitet habe. «Wenn es Versäumnisse gibt, hätte sie diese schon längst abstellen können», wurde die frühere Bundesjustizministerin weiter zitiert. (nz/dpa/AP)

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