Debatte um neuen Anlauf zu Steuerabkommen mit der Schweiz
Berlin - "Es ist im Interesse der Schweiz als einem bekannten und bewährten Finanzplatz, aber auch im Interesse Deutschlands, wenn alle, die Gelder illegal ins Ausland geschafft haben, herangezogen werden", sagte der FDP-Politiker in einem am Samstag verbreiteten Gespräch mit der Schweizer "Neuen Zürcher Zeitung".
Westerwelle plädierte für einen zweiten Anlauf, auch wenn sich an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat nach der Bundestagswahl zunächst nichts ändern dürfte. "Diese Wahlkampfmanöver sind nach der Bundestagswahl vorbei. Wir müssen einen zweiten Anlauf machen, um auszuloten, welche Spielräume bestehen", argumentierte er.
Auch angesichts der Debatte in Deutschland über eine Neuregelung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge hält der Außenminister einen neuen Anlauf für richtig. Die SPD will die Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent erhöhen. Westerwelle sagte auf eine entsprechende Frage: "Ich wünsche mir, dass durch Gespräche ein neuer Anlauf gelingt. Dabei sollten die jüngsten Entwicklungen weltweit und in der Europäischen Union berücksichtigt werden." Auf globaler Ebene und in der EU hätten sich im übrigen die Entwicklungen "spürbar beschleunigt". Er wünsche sich, "dass es hier schon bald zu festen Vereinbarungen kommen wird".
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt derzeit prüfen, ob bei Steuerhinterziehung ab einer bestimmten Größenordnung eine Strafbefreiung bei einer Selbstanzeige auszuschließen sei. "Als wir 2010 über eine Verschärfung der Bestimmungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige beraten haben, haben Verfassungsrechtler von einer Abschaffung abgeraten. Deshalb lasse ich jetzt prüfen, ob wir verfassungsrechtlich den Spielraum haben, ab einer bestimmten Größenordnung der Steuerhinterziehung Strafbefreiung auszuschließen", argumentierte er in der "Bild am Sonntag".
In der Union gibt es unterschiedliche Meinungen zur Straffreiheit von Selbstanzeigen im Steuerrecht. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte laut "Focus" auf der jüngsten CDU-Präsidiumssitzung wie zuvor schon die SPD, die Straffreiheit auf Bagatellfälle zu beschränken. CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs bezeichnete in dem Magazin die gesamte Debatte als "groben Populismus". "Der Staat darf auf Steuereinnahmen auch aus Selbstanzeigen nicht verzichten", sagte Fuchs.
Schäuble sieht im übrigen keine Chance, das Steuerabkommen mit der Schweiz neu zu verhandeln. Er begründete dies in der "Bild am Sonntag" mit den Argumenten: "Als Rechtsstaat kann und wird die Schweiz nicht rückwirkend Gesetze ändern oder das Steuergeheimnis abschaffen." Mögliche Vereinbarungen zum Informationsaustausch könnten sich nur auf die Zukunft beziehen. "Für die Vergangenheit wäre das Abkommen der einzige Weg gewesen."
Auch für Schäuble geht es jetzt um eine europaweite Lösung: "Das Ziel der Bundesregierung ist eine allgemeine Regelung für alle Kapitaleinkünfte mit vollem Informationsaustausch in ganz Europa. Österreich und Luxemburg würden sich an diesem Informationsaustausch beteiligen, sagte Schäuble. "Und dann redet die EU darüber mit der Schweiz", erklärte er - ähnlich wie Westerwelle.