Das "Who is Who" der Finanzkrise
Ackermann, Greenspan, Bernanke, Steinbrück – mit den Nachrichten über die Finanzkrise prasseln viele Namen auf uns ein. Die Krise hat in der Tat jede Menge Beteiligte. Die AZ stellt sie vor.
Der Krisen-Manager
Finanzminister Peer Steinbrück bewahrte Hypo Real Estate und damit das deutsche Bankensystem in letzter Sekunde vor einem Zusammenbruch. Er schaffte es, eine Panik zu verhindern. Bundesbürger stehen nicht vor den Banken Schlange und plündern ihre Konten. Soweit seine Verdienste. Aber es gibt auch Kritik: Noch Ende September sah er die Finanzkrise als „amerikanisches Problem“. Jetzt muss er kleinlaut einräumen, dass die Krise doch in Deutschland angekommen ist. Auch hatte er zunächst von einem Aus für HRE gesprochen – um den Konzern später zu retten. Weitsicht sieht anders aus.
Der Mit-Schuldige
Alan Greenspan war die Ikone des amerikanischen Booms – und er ist der Mit-Schuldige bei der weltweiten Finanzkrise. Wann immer es in seiner 18-jährigen Amtszeit als US-Notenbankchef zu Finanzproblemen kam, senkte er die Zinsen, machte das Geld billig. Er verhinderte Kontrollmechanismen für die Kredit-, Aktien- und Finanzmärkte. Der Handel mit Immobilienkrediten profitierte davon – Anbieter gaben immer mehr Darlehen mit günstigen Konditionen aus. Als die Wirtschaftskrise kam, konnten Kredite nicht mehr getilgt werden. Das ganze System implodierte – und erfasste andere Branchen.
Die Deppen aus der Staatsbank
Detlef Leinberger und Peter Fleischer gehen wohl als die dümmsten Banker der Nation in die Geschichte ein. 350 Millionen Euro überwies die Staatsbank KfW an die US-Investmentbank Lehman Brothers. Dumm nur, dass das amerikanische Geldinstitut da schon längst pleite war. Das Geld ist natürlich futsch. Auf Druck der Politik feuerte die KfW Leinberger und Fleischer.
Der Ahnungslose
Einst wollte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann den Staat fern von der Wirtschaft halten. Jetzt schreit er um Hilfe: „Ich glaube nicht an die Selbstheilungskräfte des Marktes.“ Und forderte Geld vom Staat fürs marode Banksystem. Die Finanzkrise bewertete er völlig falsch: Im Mai sah er die Krise ausgestanden. Erst in der vergangenen Woche hat er wieder Geld vom Staat gefordert.
Die Hilflosen
US-Finanzminister Henry Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke sollten die marode US-Wirtschaft retten. Doch Zoff zwischen Republikanern und Demokraten verhinderte schnelles Eingreifen. Letzten Endes kam mit Ach und Krach ein 700-Milliarden-Rettungspaket zustande. Das wird nicht reichen. Experten befürchten, dass Banken reihenweise pleite gehen werden.
Der Prophet
Er hat alles vorhergesagt: Nouriel Roubini, New Yorker Wirtschaftswissenschaftler, prognostizierte das exakteste Absturz-Szenario. Roubini sagte voraus, dass die Immobilienblase platzt – und dass namhafte Banken reihenweise pleite gehen. Als nächstes erwartet der Ex-Berater von Bill Clinton eine langanhaltende Rezession in den Vereinigten Staaten, die die gesamte Weltwirtschaft in die Tiefe reißt. Roubini: „Der US-Konsument hat sich totgekauft.“
Der Miss-Manager
Monatelang beschwichtigte Georg Funke, Chef der HypoRealEstate: Der Konzern habe die Finanzkrise im Griff. Anfang des Jahres gab er kleinlaut Verluste in Höhe von fast 400 Millionen Euro zu. Mit dem Kauf der Depfa Bank managte Funke seinen Konzern fast in den Ruin. Auch bei der Rettung sorgte Funke für Ärger: Die Finanzlücke musste er mehrmals nach oben korrigieren. Politiker aller Parteien fordern jetzt seinen Rücktritt – ohne fette Abfindung.
Der Dumme
Der Steuerzahler ist der Dumme: Zum einen, weil das Banken-Rettungspaket von den Bürgern bezahlt werden muss, wenn Banken die Staatsgarantie in Anspruch nehmen. Zweiter Nachteil: Bürger, die Aktien haben oder eine aktien-gebundene Lebensversicherung, müssen herbe Verluste hinnehmen. Weil sich Banker verzockt haben, verlieren fast alle Aktien an Wert. Der Steuerzahler wird in Sippenhaft genommen – für Börsen-Zocker.
Volker ter Haseborg