Das werfen Kritiker Steinbrück vor

Millionen-Verdienst in einer Amtsperiode, Nähe zu Bankenlobbyisten: Immer mehr pikante Details über die Redeauftritte des Ex-Finanzministers werden bekannt.
von  Abendzeitung

BERLIN Als Peer Steinbrück am Freitag ankündigte, er werde baldmöglichst umfassend über seine Einkünfte aus Vorträgen informieren, hatte er sich wohl eine Verschnaufpause erhofft. Doch das Gegenteil ist der Fall. Immer mehr wird bekannt über die Nebenverdienste des SPD-Kanzlerkandidaten, die sich seit 2009 auf über eine Million Euro summiert haben sollen – und dessen Nähe zu Bankenlobbyisten in seiner Zeit als Finanzminister. Er sagt: „Ich bin kein Knecht des Kapitals.” Doch auch die Attacken der SPD auf die Kritiker anderer Parteien liefern nur neuen Zündstoff.

Fest steht: Seit Beginn der Legislaturperiode hat Steinbrück mehr als 80 Vorträge gehalten, für die er Honorare von mindestens 7000 Euro erhielt. Das ist die ungenaue dritte und höchste Stufe, wonach Bundestagsabgeordnete ihre Nebeneinkünfte öffentlich machen müssen (Stufe 1: bis 3.500 Euro, Stufe 2: bis 7.000, Stufe 3: über 7.000). Der Ex-Finanzminister scheint seinen Auftraggebern aber deutlich mehr wert zu sein: Laut „WamS” kassierte Steinbrück in der Regel fünfstellige Beträge für seine Vorträge, darunter mindestens zwei mit Gagen über 20.000 Euro.
Ähnlich üppig die Dimension bei einem Deal für eine Firmen-Veröffentlichung: So soll eine Kommunikationsagentur dem Baukonzern Bilfinger 20.000 Euro für ein Steinbrück-Interview für den Geschäftsbericht 2010 in Rechnung gestellt haben. Der Großteil davon soll direkt an den SPD-Politiker gegangen sein. Alles zusammen genommen, so der Bericht, belaufen sich Steinbrücks Nebeneinkünfte seit 2009 auf über eine Million Euro.

Zeitlich noch davor liegt ein Vorfall, der Steinbrück ebenfalls in Bedrängnis bringt: In seiner Zeit als Finanzminister unterhielt er offenbar eine größere Nähe zu Bankenlobbyisten und einer Wirtschaftskanzlei, als bisher bekannt, so der „Spiegel”. Es geht um die Entstehung der Beratungsfirma ÖPP Deutschland AG: Vorbereitet 2007 von der Lobbyorganisation Initiative Finanzstandort Deutschland 2007 , ausgestattet mit einem Rechtsgutachten der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, stimmte Steinbrück dem Konzept zu. Später beteiligte sich das Finanzministerium mit rund 50 Prozent an der ÖPP. Pikant: Nach seinem Aus als Minister trat Steinbrück unter anderem bei Freshfields Bruckhaus Deringer und mehreren beteiligten Finanzinstituten auf – vergütet mit je mindestens 7.000 Euro.

Doch nicht nur die Fragen, bei wem und für wie viel Steinbrück redete, enthalten Zündstoff. Sondern auch das „wann”. So gibt es Vorwürfe, dass Steinbrück zugunsten seiner Nebentätigkeiten sein Mandat vernachlässigt habe. Abgeordnetenwatch.de berichtet, dass der SPD-Politiker mindestens drei Mal bei wichtigen Parlaments-Abstimmungen fehlte, während er am gleichen Tag einen Honorarvertrag der Höchststufe 3 hielt. Geschehen etwa während der Haushaltsdebatte am 23. Februar 2011.

Mittlerweile haben sich mehrere Politiker, auch Steinbrück, für ein anderes Stufensystem bei der Offenlegung von Nebeneinkünften ausgesprochen. Laut abgeordnetenwatch.de haben die Bundestagsabgeordneten seit der letzten Wahl mindestens 22,5 Millionen Euro nebenher verdient. Die tatsächlichen Verdienste dürften aber viel höher liegen. Denn mehr als 120 Abgeordnete rangierten in der problematischen dritten Stufe mit Gagen über 7000 Euro.

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