Das Super-Schlamassel
Umweltminister Norbert Röttgen setzt sich beim Sprit-Gipfel durch: Das ungeliebte E10 bleibt. Seine These: Wenn die Bürger erstmal genug über Biosprit wissen, werden sie ihn schon noch mögen
BERLIN Ausgerechnet am Faschingstdienstag der große E10-Chaos-Gipfel: Da hatte die Veranstaltung schnell ihren Spott weg. „Hier erleben sie den Höhepunkt des Berliner Karnevals: nach mehrmonatigem Kommunikationschaos nun der Pleiten-Pech-und-Pannen-Gipfel”, erklärte der Verkehrsclub Deutschland. Die Lösung für das Super-Schlamassel, die auf dem Gipfel gefunden wurde, lautet: Weiter so wie bisher, E10 bleibt, es wird das alte Super ablösen. Nur die Aufklärung müsse verbessert werden.
Begonnen hatte das Treffen um 13 Uhr, die Schlusspressekonferenz war für 14.30 Uhr angesetzt: Offenbar hatte man mit einer raschen Einigung gerechnet. Von wegen: Um 15.30 Uhr hieß es dann, die Verhandlungen dauerten an, die Pressekonferenz verschiebe sich um unbestimmte Zeit. Nochmal eine Viertelstunde später hatte man dann doch alle auf Linie gebracht: Umweltminister Norbert Röttgen und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle traten vor die Kameras und verkündeten: Die Regierung hält an E10 fest. Zugleich solle die Information über das neue Superbenzin deutlich und rasch verbessert werden.
Damit hat sich Röttgen weitgehend durchgesetzt. Sein Kollege Brüderle hatte am Morgen noch von einer Atempause und einem mehrmonatigen Aussetzen gesprochen. Und die Autofahrer lehnen den Biosprit in Massen ab.
Röttgen: „Nun muss Klarheit an der Tankstelle geschaffen werden.” Er schob den Schwarzen Peter der Mineralölbranche zu. Sie sei mit ihrem Kommunikationschaos dafür verantwortlich, dass die Autofahrer das neue E10 massenweise boykottieren.
Aber was heißt Aufklärung? Der ADAC und Brüderle fordern, dass das Kraftfahrtbundesamt jeden Autofahrer anschreibt und ihm verbindlich mitteilt, ob sein Gefährt den Biosprit verträgt oder nicht. Das KBA wehrte sich prompt: Es könne auch nicht für die Verträglichkeit garantieren, das könne und wisse nur der Hersteller. Aber eine Garantie brauche es, so Verbraucherschützer Holger Krawinkel: „Sonst ist E10 tot.” 93 Prozent der Autos in Deutschland vertragen den mit Ethanol versetzten Sprit.
Die Branche hat bisher nicht reagiert. Derzeit ist Deutschland zweigeteilt: An 45 Prozent der Tankstellen (im Osten und Süden) gibt es das alte Super nicht mehr, sondern nur noch E10. In den anderen 55 Prozent gibt es kein E10. Erschwerend kommt hinzu: Es gibt ein Winter-E10 und ein Sommer-E10. Die Winterware darf nur bis 15. März (Übergangsfrist bis 30. April) verkauft werden. Es hat 90 Kilopascal, damit auch bei eisigen Temperaturen ein Kaltstart gelingt, das Sommer-E10 maximal 60 Kilopascal. Die Branche sitzt wegen des Käuferstreiks ohnehin auf riesigen Mengen Winter-E10.
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