Das Stromkartell - „Kein funktionierender Wettbewerb“

Eine noch unveröffentlichte Studie, die der AZ vorliegt, zeigt: Die Stromversorger erhöhen ihre Preise kontinuierlich aus einem einzigen Grund – damit ihre Gewinne entsprechend schnell steigen.
von  Abendzeitung
Vorsicht: Gleich wird's teuer.
Vorsicht: Gleich wird's teuer. © dpa

BERLIN - Eine noch unveröffentlichte Studie, die der AZ vorliegt, zeigt: Die Stromversorger erhöhen ihre Preise kontinuierlich aus einem einzigen Grund – damit ihre Gewinne entsprechend schnell steigen.

Es gibt Energiearten wie Öl und Gas: Die werden mal teurer und mal billiger. Und dann gibt es noch den Strom. Für den Energieträger, ohne den in Deutschland gar nichts liefe, kennt der Preistrend nur eine Richtung: aufwärts. Schon lange haben die Bürger die großen Konzerne im Verdacht, ein einziges Großkartell zu sein, das sich selbst die Preise nach oben treibt. Nun gibt es dafür einen Beweis. Eine noch unveröffentlichte Studie, die der AZ vorliegt, zeigt: Die Stromversorger erhöhen ihre Preise kontinuierlich aus einem einzigen Grund – damit ihre Gewinne entsprechend schnell steigen.

Vier große Konzerne sind es, die den Strommarkt in Deutschland bestimmen: RWE, Vattenfall, EnBW und – für Bayern am bedeutendsten – Eon. Gemeinsam kontrollieren sie mehr als 80 Prozent des Marktes. Zentrales Ergebnis der Studie, die der Energieexperte Uwe Leprich mit einem Team im Auftrag der Grünen im Bundestag erstellt hat: Die Gewinne der großen Vier sind in den vergangenen sechs Jahren explodiert und haben sich auf insgesamt 80 Milliarden mehr als verdreifacht – auf Kosten der Verbraucher. Denn die mussten im selben Zeitraum Strompreissteigerungen von 51 Prozent verkraften.

Klare Begründung

Die Forscher haben dafür eine klare Begründung: Es gebe bei der Stromerzeugung in Deutschland „keinen funktionierenden Wettbewerb“. Ansonsten würde der Markt verhindern, dass Preise und Gewinne praktisch deckungsgleich immer weiter steigen.

Das Gutachten kommt zu drastisch formulierten Forderungen, nämlich: „Eon, RWE und Co. dauerhaft und gewissenhaft auf die Finger zu schauen und ihren Beitrag für die Erhaltung des sozialen Friedens durch angemessene Energiepreise stetig einzufordern.“ Als konkretes Projekt zur Förderung des Wettbewerbs schlägt Leprich vor, dass die vier Stromkonzerne bis auf weiteres keine neuen Kraftwerke bauen dürfen.

Grüne alarmiert

Ausführlich beschäftigt sich die Studie auch mit der Frage, wie die Stromkonzerne es schaffen, ihr Kartell am Laufen zu halten: Dadurch, dass sie ihre Bilanzen so aufstellen, dass die Firmen untereinander für Außenstehende kaum zu vergleichen sind. Die Tricks dabei: Ganze Konzernbereiche werden in Tochterunternehmen ausgegliedert, Teile des Betriebsgewinns in Rückstellungen versteckt.

Alarmiert zeigen sich die Grünen als Auftraggeber der Studie. „Ich habe nichts dagegen, wenn die großen Stromkonzerne gut verdienen“, sagt der energiepolitische Fraktionssprecher Hans-Josef Fell. „Exorbitante Kapitalrenditen sind aber problematisch, wenn sie auf monopolartigen Märkten erwirtschaftet werden. Das entzieht den Verbrauchern Kaufkraft und gefährdet Arbeitsplätze.“

Zumal da die nächste Preisrunde schon beschlossene Sache ist (AZ berichtete): Zum Jahreswechsel erhöhen mehr als 350 Stromversorger ihre Preise um bis zu 21 Prozent. Die Münchner Stadtwerke sind auch dabei: im Schnitt mit 13 Prozent

mue/tan

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