Das soll sich bei der Pflege ändern

Lässt es sich in deutschen Pflegeheimen würdig altern? Nein, findet eine Regensburger Juristin. Der Vdk prüft nun eine Verfassungsklage. Demente sollen es besser haben
Vanessa Assmann |
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MÜNCHEN Selbstbestimmt und in Würde altern, das wünscht sich jeder. Doch nach Ansicht des Sozialverbands VdK wird vielen ein solcher Lebensabend verwehrt – wenn sie in einem schlecht ausgestatteten Pflegeheim leben. Jetzt ist in juristischen Fachkreisen eine Debatte entbrannt, die dem VdK Mut macht, vor dem Verfassungsgericht bessere Pflegestandards zu erkämpfen.

Hintergrund ist die Dissertation der Regensburger Juristin Susanne Moritz. Das deutsche Pflegesystem mitsamt den bekannten Missständen in Heimen verletze Menschenrechte, heißt es darin. Das würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass jeder potentiell Pflegebedürftige dagegen vors Verfassungsgericht ziehen könnte. Jetzt sucht der VdK nach Möglichkeiten, das voranzubringen: „Wenn es eine realistische Chance gibt, werden wir klagen“, sagt VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Ihre Hoffnung: Am Ende könnten die Richter die Politik dazu verpflichten, das Grundrecht auf menschenwürdige Behandlung in der stationären Pflege durchzusetzen.

Mascher selbst kennt reichlich Fälle, die sie als „entwürdigend“ bezeichnet. Zum Beispiel die ältere Frau, die im Heim regelmäßig nur Brei zu essen bekommt. Nicht jedoch aus Gesundheitsgründen. Sondern weil es das Personal zu viel Zeit kosten würde, ihr vor jeder Mahlzeit das Gebiss einzusetzen. „Solche Fälle zeigen den Zusammenhang von Pflegebedürftigkeit und Menschenwürde“ sagt Mascher.

Ob es zur Verfassungsklage kommt oder nicht – auch so hat der VdK konkrete Forderungen, wie sich das Leben der 330.000 Pflegebedüftigen allein in Bayern verbessern muss. Und für die Angehörigen, die in zwei von drei Fällen pflegen.Eine der zentralen Forderungen: Stärkere Unterstützung für Demenzkranke. Denn die kleine Pflegereform der schwarz-gelben Regierung hat laut vdk nichts Grundlegendes verändert. Zwar erhalten Demenzkranke ohne körperlichen Pflegebedarf (Stufe 0) seit diesem Jahr 120 Euro monatlich. Für den vdk ist das jedoch nur ein „Pflaster“: „Für die Angehörigen bedeutet dieses Stadium der Krankheit häufig, dass sie 24 Stunden am Tag da sein müssen“, sagt Mascher. Vier Euro am Tag seien dafür zu wenig. Zum Vergleich: Ein Patient mit Pflegestufe I, der seinen Alltag wesentlich selbstständiger bestreiten kann, erhält 235 Euro Pflegegeld.

Die große Reform der Pflegestufen, die dem VdK vorschwebt, wäre eine Mammutaufgabe: Auf die Pflegeversicherung kämen jährlich Mehrausgaben von fünf Milliarden Euro zu. Laut Mascher würde es sich aber auszahlen, die häusliche Pflege und die ambulante Versorgung vor Ort zu stärken: „Nichts ist so teuer und auf Dauer unfinanzierbar wie die flächendeckende Pflege im Heim.“

 

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