Das schwarz-gelbe Hauen und Stechen
BERLIN - Raus aus dem Umfragetief und zwar schnell. Die FDP kündigt an, ab sofort „eine Stufe härter schalten“ zu wollen. Es gibt nun kein "Tempolimit" mehr. Die Union zeigt sich etwas irritiert.
Die FDP gleicht derzeit einem angeschlagenen Boxer, der immer wilder um sich schlägt: „Wir werden mehr auf unsere Positionen achten und eine Stufe härter schalten“, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler am Montag. Am Vorabend hatte die Partei- und Fraktionsspitze der FDP bis kurz vor Mitternacht in Berlin beraten und bei dem Krisentreffen entschieden, ab sofort stärker aufs Reformtempo zu drücken – auch in der Gesundheitspolitik. „Da gibt es kein Tempolimit“, metapherte FDP-Generalsekretär Christian Lindner.
Schon auf ihrem Parteitag im April und damit noch vor der NRW-Wahl im Mai will die FDP jetzt ein Steuerkonzept samt Vorschlägen zur Gegenfinanzierung vorlegen. Bereits im März solle ein Konzept zur Entlastung der Kommunen präsentiert werden, kündigte Partei-Vize Andreas Pinkwart an: „Die FDP wird in der Koalition wieder die Rolle des Motors übernehmen.“
Seltsam nur: Erst vor wenigen Wochen hatten die Chefs von CDU, CSU und FDP bei einem Koalitions-Krisentreffen vereinbart, mit dem Konzept für eine große Reform bis nach der Steuerschätzung im Mai zu warten. Entsprechend irritiert äußerte sich am Montag die Union über die FDP-Offensive: „Ich bin sicher, dass wir abschließende Entscheidungen erst im Lichte der Steuerschätzung treffen können“, beharrte CDU-General Hermann Gröhe. CSU-Chef Horst Seehofer kommentierte spitz: „Die sollen halt schnell was vorlegen, dann können wir drüber reden.“ Bisher gebe es noch nichts von der FDP.
Stattdessen fielen die Liberalen am Montag über Umweltminister Norbert Röttgen her. Der CDU-Mann hatte vorgeschlagen, die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke auf 40 Jahre zu deckeln. Der Minister wolle offenbar den rot-grünen Atomausstieg nur kosmetisch verändern und entferne sich damit vom Koalitionsvertrag, wetterte Lindner. Röttgen müsse „aus schwarz-grünen Blütenträumen aufwachen“. Der erhielt prompt Rückendeckung von der Parteispitze: Röttgens Äußerungen stünden „auf der Grundlage des Koalitionsvertrages“, betonte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm im Namen der Kanzlerin. Und Gröhe äußert „volles Verständnis“ dafür, dass Röttgen als Umweltminister den Atomausstieg möglichst früh erreichen wolle.jox/bö