Das Rauchverbot geht in Rauch auf

Der Zickzack-Kurs beim schärfsten Qualm-Erlass Deutschlands erklärt die Wahlniederlage der CSU: Jetzt soll das Gesetz schleunigst geändert werden.
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Das schärfste Rauchverbot der Republik geht in Rauch auf.
dpa Das schärfste Rauchverbot der Republik geht in Rauch auf.

Der Zickzack-Kurs beim schärfsten Qualm-Erlass Deutschlands erklärt die Wahlniederlage der CSU: Jetzt soll das Gesetz schleunigst geändert werden.

Von Volker ter Haseborg

Nach ihrem Ministerpräsidenten und ihrem Parteichef befreit sich die CSU jetzt von Themen, die Rohrkrepierer waren. Erstes Opfer: das strikte Rauchverbot. Gestern bestätigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: „Klar ist, dass beim Rauchverbot Fehler gemacht wurden. Das muss korrigiert werden.“ Soll heißen: Das schärfste Rauchverbot der Republik geht in Rauch auf.

Nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit bei den Landtagswahlen sind die Christsozialen jetzt auf einen Koalitionspartner angewiesen – wahrscheinlich die FDP. Und die Liberalen wollen vor allem eins: dass das Rauchverbot fällt (siehe unten).

Drei Möglichkeiten gibt es jetzt

Es kommt zu einer bundesweit einheitlichen Lösung, und der Flickenteppich der von Bundesland zu Bundesland verschiedenen Regeln wird beseitigt. Beim letzten bundesweiten Anlauf hatte Bayern gebremst – das hat sich mittlerweile geändert.

Außer dem bayerischen ist in Deutschland nur noch das saarländische Nichtraucherschutzgesetz verfassungskonform. Im Saarland gilt: Rauchen ist in einem gesondert gekennzeichneten, abgeschlossenen und extra belüfteten Nebenraum einer Gaststätte erlaubt. Eine weitere Ausnahme: Wenn eine Kneipe ausschließlich von einem Inhaber – und von keinen weiteren Mitarbeitern – geführt wird, darf dort im Saarland ebenfalls gequalmt werden.

„Spanische Lösung“

Wie die AZ erfuhr, wollen sich die Parteien am ehesten auf die „spanische Lösung“ einigen. In Spanien dürfen Wirte von Kneipen mit einer Fläche unter 100 Quadratmetern selbst entscheiden, ob gequalmt werden darf. Gaststätten, die größer als 100 Quadratmeter sind, müssen Nichtraucher-Zonen abtrennen. Das Verfassungsgericht hat noch nicht erklärt, ob diese Variante verfassungskonform ist.

Viele CSUler freuen sich jetzt über die willkommene Gelegenheit, das Rauchverbot zu lockern: Mit ihrem Zickzack-Kurs blamiert sich die Partei seit über einem Jahr.

Rückblick: Im Juli 2007 verabschiedet das Kabinett von Ex-Ministerpräsident Stoiber ein Rauchverbot mit Ausnahmen. In Gaststätten soll in einem abgetrennten Nebenraum gequalmt werden dürfen. Doch sofort gibt es Ärger in der CSU: Einraum-Kneipen, die kein Neben-Zimmer haben und wo die meisten Raucher zu Gast sind, würden so diskriminiert. Weil es keine Einigung gibt, beschließt die Fraktion im Herbst 2007: Gleiche Rauch-Regeln für alle Gaststätten – keine Ausnahmen. Auch das Qualmen in Bierzelten wird verboten, es drohen Strafen bis zu 1000 Euro. Das kommt bei vielen Bürgern nicht gut an. Auch in der CSU gibt es viele Skeptiker: allen voran Günther Beckstein, der für die spanische Lösung ist.

Freistaat wird zur „geschlossenen Gesellschaft“

Im Januar 2008 tritt das Gesetz in Kraft – und wird gleich zur Farce. Die Wirte entdecken ein Schlupfloch, das ihnen die CSU gelassen hat: Raucherclubs. Der ganze Freistaat verwandelt sich in eine „geschlossene Gesellschaft“, für die das Rauchverbot nicht gilt.

Die Kommunalwahlen im März werden zum ersten Denkzettel, die Führungsspitze knickt ein. Beckstein lässt den Gesetz-Vollzug fürs Oktoberfest aussetzen Doch da ist es schon zu spät: Auch die Landtagswahl wird für die CSU zum Debakel.

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