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"Das ist eine Ungeheuerlichkeit": Ramelow schreibt Brandbrief an Söder

Thüringens Ministerpräsident wird die von Hubert Aiwanger (FW) angedachte Stromtrasse durch sein Bundesland nicht akzeptieren. Der AZ liegt der Brief exklusiv vor.
Natalie Kettinger |
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Bodo Ramelow (Linke, l), Ministerpräsident in Thüringen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident in Bayern, unterhalten sich zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundesrat. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Bodo Ramelow (Linke, l), Ministerpräsident in Thüringen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident in Bayern, unterhalten sich zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundesrat. Foto: Wolfgang Kumm/dpa © Wolfgang Kumm (dpa)

Erfurt/München - Der Stromtrassen-Streit zwischen Bayern und Thüringen geht weiter. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich nun in einem Brief, welcher der AZ exklusiv vorliegt, direkt an seinen bayerischen Kollegen Markus Söder (CSU) gewandt. Er spricht von einer „etwas irritierende Angelegenheit“.

In dem Schreiben schildert Ramelow, dass er die sogenannte Thüringer Strombrücke trotz „suboptimaler Trassenführung“ vor neun Jahren genehmigte, die Bayern „vehement verlangte“. Allerdings sei der Freistaat, damals noch unter Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), dann nicht gewillt gewesen, „die genehmigten und möglichen Strommengen ab der Übergabestelle am Froschgrundsee zu übernehmen“.

Erst an diesem Punkt sei der Gedanke des Korridors durch das Heldburger Land entstanden – über den nun heftig diskutiert wird, seitdem Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) laut darüber nachdenkt. Ganz offenbar, ohne Rücksprache mit dem Nachbarbundesland gehalten zu haben.

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"Das ist eine Ungeheuerlichkeit", sagt Bodo Ramelow

Denn damals wurde das Projekt laut Ramelow abgehakt: Thüringen habe mit Bayern einen gemeinsamen Weg gefunden, „auf den Neubau der damaligen P44, heute P540, verzichten zu können, weil wir die mangelnde Stromabnahme am Froschgrundsee bzw. Roth, für die ausschließlich Bayern verantwortlich zeichnet, (...) auf den Süd-Ost-Link verlagert haben“, schreibt er.

Bodo Ramelow (Linke, l), Ministerpräsident Thüringen und Winfried Kretschmann (Bündnis90/Grüne), Ministerpräsident Baden-Württemberg, unterhalten sich zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundesrat. Rechts wartet Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayern, auf den Beginn der Tagung. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Bodo Ramelow (Linke, l), Ministerpräsident Thüringen und Winfried Kretschmann (Bündnis90/Grüne), Ministerpräsident Baden-Württemberg, unterhalten sich zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundesrat. Rechts wartet Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayern, auf den Beginn der Tagung. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Ihm sei es dabei stets darum gegangen, einerseits bayerische Interessen zu akzeptieren und andererseits deutlich zu machen, „dass für uns das Heldburger Unterland eine Tabuzone ist, durch die kein Neubau einer Wechselstromfreileitung erfolgen darf“. Die Bewahrung dieser Gegend mit ihrem zentralen Bergkegel und dem Deutschen Burgenmuseum bleibe für ihn von zentraler Bedeutung. Zudem belasteten die Menschen dort aktuell die Schließung einer Reha-Klinik und die Insolvenz einer großen regionalen Firma. „Dass nun in dieser gebeutelten Region auf einmal aus dem Nichts heraus die P44 heute als P540 wiederauftaucht – sogar noch flankiert von Formulierungen Ihres Stellvertreters, dass man mit der Querung durch das Heldburger Unterland ja die bayerische Region schonen würde – ist eine Ungeheuerlichkeit“, so Ramelow an Söder.

Ramelow wird den "Aiwanger-Bogen" nicht akzeptieren 

Aus seiner Sicht sei auszuschließen, dass Thüringen diese dann als „Aiwanger-Bogen“ zu bezeichnende Trasse akzeptieren werde. „Sollte man tatsächlich alle bisherigen Absprachen für obsolet erklären und nunmehr zu dem Ergebnis kommen, dass der Energiebedarf im Süden trotz der Erweiterung des Süd-Ost-Link nicht gedeckt werden kann, so kann als Lösung nur – endlich – die Nutzung der Kapazitäten der Thüringer Strombrücke infrage kommen.“

Bodo Ramelow (Linke, l), Ministerpräsident in Thüringen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident in Bayern, unterhalten sich zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundesrat. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Bodo Ramelow (Linke, l), Ministerpräsident in Thüringen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident in Bayern, unterhalten sich zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundesrat. Foto: Wolfgang Kumm/dpa © Wolfgang Kumm (dpa)

Um zu einem abgestimmten Vorgehen zu kommen, schreibt Ramelow, habe er seine Raumplanungsministerin Susanna Karawanskij und den Energieminister Bernhard Stengele gebeten, Hubert Aiwanger und BNetzA-Präsident Klaus Müller zu einem Gespräch einzuladen.

Außerdem schlägt er eine gemeinsame Kabinettssitzung im thüringisch-bayerischen Grenzgebiet vor. Gute Nachbarschaft, so der Linken-Politiker, zeichne sich durch Kommunikation untereinander aus „und nicht dadurch, dass man versucht, auf dem Territorium des Nachbarn seine eigenen Interessen zu verfolgen“.

Aiwanger hatte vergangene Woche überraschend bekannt gegeben, dass neben Süd-Link und Süd-Ost-Link auch die geplante Trasse namens Süd-Ost-Link Strom vom Norden Deutschlands nach Bayern bringen soll – möglichst per Erdkabel. Zusätzlich ist laut bayerischem Wirtschaftsministerium eine weitere Leitung – besagte P540 – oberirdisch von Schalkau (Landkreis Sonneberg) in Thüringen über den Raum Münnerstadt (Landkreis Bad Kissingen) nach Grafenrheinfeld (Landkreis Schweinfurt) angedacht.

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  • Giasinger Bua am 18.02.2024 13:15 Uhr / Bewertung:

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    Kommentiert am 17.02.2024
    Wer oder was ist denn deiner Meinung nach dafür verantwortlich, dass die AfD binnen zwei Jahren ihr Ergebnis verdoppeln konnte, während die Ampel teilweise immense Verluste hinnehmen musste? Wieso ist die AfD in Bayern nicht zweit-, sondern nur drittstärkste Kraft geworden und in Hessen (wo es keine FW gibt) zweitstärkste?

    Das war meine Antwort auf dwT. Was verstößt hier gegen die Regeln???

  • Der wahre tscharlie am 18.02.2024 16:01 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Giasinger Bua

    Ich schrieb schon mal ähnliches.
    Man muß sich mal die Geschichte der AfD anschauen. Angetreten als Euro-kritische Partei fiel ihr 2015 der Flüchtlingsstrom in den Schoß. Seit damals hat sie sich immer mehr radikalisiert und auf DAS Migrationsthema fokkusiiert.
    In der Zeit haben alle gemäßigten Leute (Lucke,Petry,Henkel,Meuthen) die Partei verlassen.
    Schon 2013 hatte die Partei 15,7% (kann man googeln)
    Alleine nur die Ampel jetzt dafür verantwortlich zu machen, entspricht nicht der Realität. Denn vor der Ampel hieß es immer, "Merkel muß weg".
    Was zu der Überlegung führt, dass es anscheinend egal ist, welche Koalitionen regieren. Es sind immer die Falschen.

    Und noch etwas zur AfD, was viele Leute nicht wissen.....Google mal fragen, "Wer ist der Milliardär hinter der AfD".....

  • Giasinger Bua am 18.02.2024 17:27 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Du hast zwar wunderschön Nebenkriegsschauplätze eröffnet, aber nicht auf die eigentlich frage geantwortet, wer denn (wenn nicht die Ampel-Politik) für die Verdoppelung der Wählerzahlen verantwortlich ist.
    Und wieso im gleichen Zeitraum die Ampelparteien teilweise 1/3 der Stimmen verloren hat.
    Und da ist es uninteressant, wer oder was hinter der Partei als Geldgeber steht. Ebenfalls ist für die Beantwortung der Frage irrelevant, wer die Partei vor Jahren verlassen hat.
    Es geht nur um die Frage, wie es diese Partei schaffte, binnen zwei Jahren von damals etwa 10% auf jetzt etwa 20% zu kommen. Zeitgleich die Rot/Gelb/Grün-Parteien im Schnitt -5% hatten.
    Wohl doch einzig und allein die „hervorragende“ Arbeit dieser Regierung

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