«Das ist alles ein böser Traum»
Nach der Rückgabe durch die Hisbollah ist der Leichnam von Ehud Goldwasser in Israel beigesetzt worden. Dass die Freilassung des Mörders Kuntar im Libanon Freudenfeiern auslöste, sorgt für Entsetzen.
Unter großer Anteilnahme der israelischen Bevölkerung ist am Donnerstag die Leiche des Soldaten Ehud Goldwasser mit militärischen Ehren beigesetzt worden. Goldwassers und Eldad Regevs sterbliche Überreste waren am Tag zuvor gegen fünf libanesische Häftlinge sowie die sterblichen Überreste von fast 200 Libanesen ausgetauscht worden.
An der Trauerfeier auf dem Militärfriedhof im Norden Israels nahmen mehrere tausend Personen teil, darunter auch Verteidigungsminister Ehud Barak. Barak versprach, dass Israel auch künftig alles tun werde, um Soldaten nach Hause zu bringen.
Entführung am 12.Juli 2006
Goldwasser war am 12. Juli 2006 gemeinsam mit Eldad Regev während einer Grenz-Patrouille im Norden des Landes von der Hisbollah entführt worden. Beide Soldaten sollen nach ersten Untersuchungen unmittelbar nach ihrer Gefangennahme an den Folgen von Schussverletzungen in Brust und Kopf gestorben sein. Eine Ehrengarde der Armee trug den in eine israelische Fahne gehüllten Sarg von Goldwasser. Während der sehr emotionalen Zeremonie wischte sich die Witwe Karnit Goldwasser mehrfach Tränen aus den Augen.
«Der Kuss war liebevoll, aber in Eile»
Die 32-Jährige trug ihren Ehering. «Da gab es Momente, in denen ich hoffte aufzuwachen und dass das alles nur ein Traum ist, ein böser Traum», beschrieb sie die vergangenen zwei Jahre zwischen Hoffen und Bangen. Die Witwe erinnerte sich auch an den letzten Tag, an dem sie ihren Mann zum letzten Mal sah: «Wir haben an jenem Morgen nicht gedacht, dass wir uns zum letzten Mal sehen. Die Umarmung war warm, aber wie sonst auch. Der Kuss war liebevoll, aber in Eile», sagte die junge Witwe. «Wo kann jemand Menschen wie dich finden?» Goldwassers Mutter Micky erinnerte an die Ideale ihres toten Sohnes, der unter anderem gegen die «illegalen Bautätigkeiten in den besetzten Gebieten» gewesen sei.
Regevs-Beisetzung auch noch am Donnerstag
Die Überreste Regevs sollen ebenfalls noch am Donnerstag auf dem Militärfriedhof von Haifa beigesetzt werden. Die Entführung der beiden Soldaten hatte im Sommer 2006 den Libanonkrieg ausgelöst. Nicht weit von dem Militärfriedhof in Naharia, wo Goldwasser beigesetzt wurde, hatte der am Mittwoch freigelassene Top-Terrorist Samir Kuntar vor drei Jahrzehnten ein brutales Attentat verübt. Kuntar ist für den Tod von fünf Menschen, darunter zwei kleinen Mädchen, verantwortlich.
Freudenfeiern im Libanon sorgen für Entsetzen
Die Freudenfeiern im Libanon nach der Freilassung Kuntars sorgten für Entsetzen in Israel. Präsident Schimon Peres bezeichnete sie als Schande. «Der Libanon feiert einen Sieg. Die Staatsführung und die Hisbollah-Führung heißen Samir Kuntar willkommen, einen Mörder, der mit einem Gewehrkolben und bloßen Händen den Kopf des vierjährigen Mädchens Einat zerschmettert und danach kaltblütig ihren Vater erschossen und später nie Reue gezeigt hat», sagte Peres. Auch Ministerpräsident Ehud Olmert äußerte sich ebenfalls empört über die Feiern im Nachbarland: «Wehe einer Nation, die im Moment die Freilassung eines 'menschlichen Tieres' feiert, das den Kopf eines vier Jahre alten Mädchen zerschmettert hat», heißt es in einer Erklärung des israelischen Regierungschefs.
Ringen um moralischen Sieg
Das israelische Außenministerium postete auf dem Internetportal YouTube ein Video in arabischer Sprache, in dem sich Israel wenigstens zum «moralischen Sieger» des Gefangenenaustauschs vom Mittwoch erklärt. In arabischer Sprache sagt ein Mitarbeiter des Außenministeriums: «Für Hisbollah ist Samir Kuntar ein erstklassiger Held, während er für Israel und den Rest der zivilisierten Welt der verabscheuungswürdigste Mörder ist». Hisbollah sei eine Terrororganisation, die vom Iran finanziert werde und stolz auf einen kaltblütigen Mörder sei.
Präsidialer Gruß für einen Mörder
Der 45 Jahre alte Kuntar, der am Sonntag nach rund drei Jahrzehnten Haft in Israel erstmals wieder einen Geburtstag in Freiheit feiert, ist im Libanon nach seiner Freilassung am Mittwochabend wie ein Volksheld gefeiert worden. «Deine Rückkehr heute ist ein Segen für den ganzen Libanon», sagte Präsident Michel Suleiman während einer Empfangszeremonie auf dem internationalen Flughafen von Beirut. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah sagte: «Die Tage der Niederlage sind vorbei. Der Sieg ist gekommen.» Für Nasrallah war es der erste öffentlichen Auftritt seit Dezember 2006. (dpa/AP)