Das Geld-zurück-Urteil

Das Bundesverfassungsgericht kassiert die Pendler-Regelung der großen Koalition. Die Finanzämter müssen Geld zurückerstatten: Verheiratete können mit bis zu 1200 Euro rechnen
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Es gibt 20 Millionen Pendler in Deutschland - viele profitieren von dem Karlsruher Spruch.
dpa Es gibt 20 Millionen Pendler in Deutschland - viele profitieren von dem Karlsruher Spruch.

KARLSRUHE - Das Bundesverfassungsgericht kassiert die Pendler-Regelung der großen Koalition. Die Finanzämter müssen Geld zurückerstatten: Verheiratete können mit bis zu 1200 Euro rechnen

Die 20 Millionen Pendler in Deutschland können auf Rückzahlungen des Staates hoffen. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht hat die neue Pendlerpauschale kassiert. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen.

Was hat das Gericht entschieden?

Seit Anfang 2007 konnte man Fahrten zum Arbeitsplatz erst ab dem 21. Kilometer von der Steuer absetzen. Finanzminister Peer Steinbrück wollte sich so 2,5 Milliarden Euro pro Jahr sparen. Die Verfassungsrichter fanden, dass die Abschaffung der alten Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer nicht allein mit der Sparwut des Staates begründet werden darf. Auch bemängelten die Richter einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungs-Gebot: Nicht jeder Arbeitnehmer könne in Fußwegnähe zum Werkstor wohnen.

Was gilt jetzt?

Die Pendlerpauschale gilt ab sofort wieder in voller Höhe ab dem ersten Kilometer. Und zwar so lange, bis es eine neue gesetzliche Regelung gibt. Für ein neues Gesetz hat der Gesetzgeber bis zum Jahr 2010 Zeit. Das heißt: Die neue alte Regelung gilt für die Jahre 2007, 2008 und 2009.

Wer bekommt jetzt Geld zurück?

Wer weniger als 20 Kilometer zum Arbeitsplatz hat. Und alle, die mehr haben und denen die ersten 20 Kilometer gestrichen wurden. Ausgenommen Pendler, die bereits wegen der Pendlerpauschale gegen ihre Steuerbescheide erfolgreich Einspruch eingelegt hatten. Sie wurden fürs Steuerjahr 2007 nach der alten Regel behandelt.

Muss man selbst aktiv werden?

Eigentlich nicht, wenn man auf der Steuererklärung vom Jahr 2007 die Kilometer zur Arbeitsstelle komplett eingetragen hat. „Dann reagiert das Finanzamt automatisch und überweist das Geld“, sagt Gerald Ahlendorf von der Lohnsteuerhilfe Bayern zur AZ. Allerdings nur, wenn auf dem Bescheid auch ein Vorläufigkeitsvermerk steht. Beim wem das nicht der Fall ist, der sollte sich ans Finanzamt wenden, heißt es beim Steuerzahlerbund.

Was ist, wenn ich den Arbeitsweg nicht in der Steuererklräung angegeben habe?

Wer keine Kilometer eingetragen hat, muss dies seinem Sachbearbeiter vom Finanzamt mitteilen, rät die Lohnsteuerhilfe Bayern. Auch wer von sich aus die ersten 20 Kilometer gestrichen hat, sollte nachhaken.

Wieviel Geld gibt es?

Pro Kilometer werden 30 Cent angesetzt. Der Gesamtbetrag wird auf die Werbungskosten angerechnet. Wer so über den Pauschalbetrag von 920 Euro im Jahr kommt, erhält den Differenzbetrag zurück. Wie hoch dieser ist, hängt von der Steuerklasse und dem Familienstand des Pendlers ab (siehe Tabelle). Und auch davon, ob der Arbeitnehmerpauschbetrag schon durch andere Werbungskosten voll ausgeschöpft ist. Die Beträge können sich jedoch durchaus sehen lassen: „Verheiratete können zusammen auf bis zu 1200 Euro kommen“, sagt Gerald Ahlendorf. Laut Finanzministerium bekommt ein Durchschnitts-Arbeitnehmer mit einem Arbeitsweg von 20 Kilometern an 220 Arbeitstagen auf einen Erstattungsbetrag von 350 Euro.

Wann kann man mit der Rückzahlung rechnen?

In den ersten drei Monaten des Jahres 2009 soll das Geld an die Pendler ausgezahlt werden, teilte das Bundesfinanzministerium gestern mit. Das Geld kommt in der Regel per Überweisung.

Was macht die Bundesregierung?

Finanzminister Peer Steinbrück bedauert seine Niederlage zwar, verkauft die Rückerstattung jedoch als „zusätzlichen Kaufimpuls“, der die Wirtschaft ankurbeln soll. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht die alte Pauschale als „die richtige Antwort auf die jetzige Wirtschaftssituation“. Was eine Neuregelung angeht, „wird die Bundesregierung zur gegebenen Zeit entscheiden“, erklärte Steinbrück. In seiner Mitteilung heißt es: „Jetzt gilt alle Kraft der Umsetzung des heutigen Urteils.“

Kann die Pendlerpauschale ab dem 20. Kilometer durch die Hintertür wieder eingeführt werden?

Nein, sagen die Lohnsteuerhilfe und der Bund der Steuerzahler Bayern. „Der Gesetzgeber hat sich jetzt einmal die Finger daran verbrannt. Ein zweites Mal wird er sich das nicht trauen“, sagt Gerald Ahlendorf von der Lohnsteuerhilfe. „So etwas Ähnliches wird die Bundesregierung nicht machen können“, glaubt auch Klaus Grieshaber vom Steuerzahlerbund. „Die Gefahr besteht eher, dass der Gesetzgeber die Pauschale ganz streicht.“

Volker ter Haseborg, Andreas Jalsovec

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