Daniela Schadt: Eine First Lady aus Bayern

Noch eine Premiere im Schloss Bellevue: Nach der Patchwork-Familie Wulff zieht ein Paar in den Amtssitz des Bundespräsidenten, das seit mehr als zehn Jahren in wilder Ehe zusammenlebt: Joachim Gauck (72) und seine zwanzig Jahre jüngere Lebensgefährtin Daniela Schadt.
Die neue Fast-First-Lady kommt aus Nürnberg und arbeitet in der Politik-Redaktion der eher konservativen „Nürnberger Zeitung“. Sie hatten sich kennengelernt, als Gauck in Nürnberg eine Ausstellung zur Tätigkeit der DDR-Staatssicherheit eröffnete. Seitdem führen sie meist eine Wochenend-Beziehung. Schon 2010 wagte sich die gebürtige Hessin, die Bücher, klassische Musik und Radfahren mag, auf die politische Bühne: Mit Joachim Gauck – sie nennt ihn Jochen, er sie Dani – war sie in der Bundesversammlung, als er gegen Wulff unterlag.
Bundespräsidenten: Deutschlands First Ladies:
Dabei habe sie, als er ihr von einer möglichen Kandidatur erzählte, „erst mal durchatmen müssen“. Ihre erste Reaktion, als er ihr am Telefon vom Rücktritt Horst Köhlers erzählte: „Schmeiß dein Handy weg, dich fragen sie doch als erstes.“ Nachdem Gauck diesen Rat nicht befolgte und von Rot-Grün aufgestellt wurde, habe sie ihn aber „aus vollstem Herzen unterstützt“.
„Schnelle Heirat ausgeschlossen, späte nicht unbedingt“
Diese Unterstützung – so haben sie es damals ausgemacht – schließt ein, dass sie von Bayern nach Berlin geht: „Sie würde sich freuen, an meiner Seite zu stehen und alles, was das Amt braucht, als Begleiterin auch zu leisten“, kündigte Gauck 2010 an. Dann könnte aus der „Begleiterin“ eine Ehefrau werden. „Schnelle Heirat ist ausgeschlossen, spätere nicht unbedingt“, hatte Gauck angekündigt.
Dass daraus noch nichts geworden ist, liegt an einer ganz simplen Tatsache: Gauck ist noch verheiratet. Mit 19 Jahren hatte er in Rostock seine Jugendliebe Hansi geheiratet, das Paar hat vier erwachsene Kinder und lebt seit mehr als 20 Jahren getrennt. Anders als in Bayern, wo die CSU sich keinen getrennt lebenden oder gar geschiedenen Theo Waigel als Ministerpräsidenten vorstellen konnte, ist das für Gauck kein Hindernis auf dem Weg ins Präsidentenamt.
Das liegt auch an seinem offenen Umgang mit dem Thema: Gaucks 2009 erschienene Erinnerungen „Winter im Sommer – Frühling im Herbst“ hat er neben seinen Kindern auch seiner Noch-Ehefrau gewidmet. Darin schildert er die Schüler-Liebe zum „Flüchtlingsmädchen aus Ostpreußen“, erzählt, wie ihr Vater gebrochen aus dem Krieg heimkehrt und ihre Mutter sich das Leben nimmt.
Man ahnt die Gefühle, die die beiden einst verbunden haben: „Wir beschenkten uns beständig mit Zutrauen, Zärtlichkeit und schließlich einer großen romantischen Liebe.“ Aus seinen Worten spricht auch Fürsorge – er habe sich „als Beschützer dieses scheuen Wesens gefühlt“, schreibt Gauck.
Das mag ein Grund sein, warum Gauck noch keinen formellen Schlussstrich unter seine Ehe gezogen hat – neben der Tatsache, dass die Ehe für den evangelischen Pastor Gauck zwar ein „weltlich Ding“, aber eben auch ein lebenslanger Bund ist.
„Er war manchmal ein Verdränger vor dem Herrn“, sagt der Sohn
„Meine Mutter war die Verlassene. Er ging weg. Er hatte sein neues Leben“, erinnert sich der älteste Sohn Christian an die Trennung. „Mein Vater hat meine Mutter nicht immer fair behandelt. Er war manchmal ein Verdränger vor dem Herrn“, sagte er vor einem Jahr dem ehemaligen AZ-Reporter Volker ter Haseborg.
Das Verdrängen fiel leicht, bei den gewaltigen Aufgaben, vor denen Gauck stand: Zu diesem Zeitpunkt wurde er Beauftragter für die Stasi-Unterlagen in Berlin. „Ich habe so viel zu tun – ich kann mich darum nicht kümmern“, sagte er seinen Kindern, wenn sie ihn auf die Trennung ansprachen.
Später hat sich Gauck dem Verdrängten gestellt. Heute ist das Verhältnis zu seiner Frau, die in Rostock in einer kirchlichen Einrichtung arbeitet, sehr gut. Man sieht und versteht sich bei Familienfesten, bei denen oft auch die neun Enkelkinder dabei sind. Und manchmal auch Daniela Schadt, die in der Familie sehr beliebt ist.