CSU-Parteichef Seehofer rüffelt seinen Superminister

Der CSU-Chef zieht anonymisiert über seinen Minister her.
Die Abwehrkräfte von Bayerns Finanzminister und "Kronprinz" Markus Söder (CSU) sind gestärkt: Am Dienstagmittag verabreichte ihm Landesgesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) eine Anti-Grippe-Impfung. "Mit einer Impfung schützt man sich nicht nur selbst, sondern auch andere Menschen", erklärte Huml, die approbierte Ärztin ist. "Man sollte das ganze Kabinett mal impfen", meinte Söder. Das habe eine "beruhigende Wirkung". Söder kann Schutz und Beruhigung gut gebrauchen, denn von Berlin aus zog ein Donnerwetter über ihn hinweg.
"Privatstrategien müssen beendet werden"
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nutzte eine turnusmäßige gemeinsame Sitzung von CSU-Landtagsfraktion und CSU-Landesgruppe im Bundestag, um den von ihm ungeliebten "Kronprinzen" wieder einmal ordentlich zusammenzustauchen. Ohne seinen Namen in den Mund zu nehmen. Eigennutz dürfe nicht vor Gemeinwohl gehen und derartige "Privatstrategien" müssten beendet werden. Und wer dann noch immer nicht begriffen hatte, wer gemeint war, dem machte es Seehofer noch deutlicher: "Wer jeden Tag einen Förderbescheid überreicht, ist noch lange kein Stratege".
Söder selbst war bei dem Treffen in Berlin vorgestern (Montag) gar nicht dabei. Ein Umstand, der an einen Vorgang nur wenige Wochen vorher in der CSU-Landtagsfraktion in München erinnerte. Damals hatten einige CSU-Landtagsabgeordnete in Abwesenheit Seehofers dessen "lautes Nachdenken" über strategische Fragen kritisiert. In Abwesenheit des Betreffenden tue man so etwas nicht, hatte Seehofer später beanstandet. Die in ruhigen Ton vorgetragene "Wutrede" hatte Söder mit einem Interview ausgelöst, in welchem er wiederum den CSU-Vize Manfred Weber und die Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt für "voraus eilenden Gehorsam" kritisierte, weil diese sich vorschnell für eine Kanzlerkandidatur Merkels ausgesprochen hatten.
Es gab nicht von allen Beifall
Dabei hatte Seehofer erst am vergangenen Wochenende den CSU-Parteitag auf Funkstille in der Frage des Unions-Kanzlerkandidaten eingeschworen. Unmittelbar nach dem Parteitag hatte Seehofer noch einmal bekräftigt: "Ich möchte, dass dies im Teamgeist erfolgt und nicht egoistisch, weil eine Person meint, es geht nur mit ihr oder alles mit ihr". Gleichwohl erschraken die CSU-Mandatsträger über den heftigen Ausbruch des Parteichefs, der den ungenannten Söder beschuldigte, "Zwietracht" zu säen. Offenbar waren Söders Ausführungen über Merkels Kanzlerkandidatur nur der Tropfen, der das Fass Seehofers wieder einmal zum Überlaufen gebracht hatte. Statt sich zu allem und jeden zu äußern, sollte er sich auf sein Ressort beschränken, heißt es aus den Reihen der CSU-Abgeordneten. Was er im Vorgriff auf die Allzuständigkeit eines Ministerpräsidenten und CSU-Chefs betreibe, sei "Amtsanmaßung".
Doch das ist nur eine Meinung. Nach der kräftigen verbalen Ohrfeige Seehofers für seinen "Superminister" für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat gab nicht von allen Beifall, aber vor allem von CSU-Bundestagsabgeordneten, wie sich Teilnehmer erinnern. Dafür gibt es einen handfesten Grund: Die Aussicht, dass Söder wie von Seehofer gefordert nach Berlin geht, löse bei der CSU-Landesgruppe "kollektive Angstzustände" aus, weiß ein Insider. Dazu passt eine Meinungsäußerung des niederbayerischen CSU-Bundestagsabgeordneten Max Straubinger, der bei dem Treffen dabei war. Er habe "Verständnis, dass einem der Grant übergeht, wenn wir bemüht sind, auf der sachpolitischen Ebene Lösungen zu erreichen, und dann möglicherweise unter eigensüchtigen Gesichtspunkten Politik betrieben wird", ließ Straubinger den Bayerischen Rundfunk wissen. Störfeuer wie am Montag von Söder seien "nicht zu gebrauchen".
Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt verwies auf die Zuständigkeit Seehofers: "Der Parteivorsitzende hat die Hauptverantwortung". In der bayerischen CSU-Landtagsfraktion reagierte man genervt auf den wieder aufgeflammten Streit zwischen Seehofer und Söder. "Wir wollen nicht ständig diese Personalquerelen", hieß es dort und: "Das tut niemandem gut". Ein frommer Wunsch, doch er dürfte unerfüllt bleiben. Denn in der Frage, wer die CSU in den Bundestagswahlkampf führt, droht ein Showdown zwischen Seehofer und Söder. Letzterer hatte am Rande des Parteitags noch einmal bekräftigt: "Mein Platz bleibt dort, wo er ist - in Bayern". Und er fügte hinzu: "Am Ende entscheidet die Basis der Partei". Sollte heißen: Nicht Seehofer.