CSU-Krisengipfel um 8 Uhr früh

Mit Wahlgeschenken will die CSU aus der Krise kommen. Ein Notfallplan der Parteispitze sieht jede Woche eine neue Wohltat für die verunsicherten Wähler vor. Am Mittwoch will sich Ex-Parteichef Edmund Stoiber zu Wort melden.
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MÜNCHEN - Mit Wahlgeschenken will die CSU aus der Krise kommen. Ein Notfallplan der Parteispitze sieht jede Woche eine neue Wohltat für die verunsicherten Wähler vor. Am Mittwoch will sich Ex-Parteichef Edmund Stoiber zu Wort melden.

Dienstag, 8 Uhr, in Günther Becksteins Büro in der Staatskanzlei: CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid sitzt schon am ovalen Besprechungstisch. Es gibt nur Kaffee. Parteichef Erwin Huber hat sich verspätet. Vielleicht musste er noch die Zeitungslektüre verdauen. Eigentlich war es ein lange geplantes Treffen, auf dem die Arbeit zwischen Partei, Staatskanzlei und Fraktion abgestimmt werden sollte. Doch nun wurde es ein Krisengipfel.

In der Springerpresse hatte CSU-Vize Horst Seehofer zum Frontalangriff gegen das Tandem geblasen: „Wir brauchen Stoiber.“ Und klarere Perspektiven. „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als bestünde der Kern unserer Politik in der Korrektur der Vergangenheit.“ Für die Klausur ab Freitag in Kreuth präsentierte er ein Drei-Punkte- Programm: „Identität, Innovation und Sicherheit.“

Stoiber wird gebraucht - als "Ratgeber"

Zwischen den Zeilen werden die Attacken gegen das Tandem deutlich, die Formulierungen sind aber kaum angreifbar. Was sollten die drei nun dagegen unternehmen? Ihn zur Rede stellen? „Was hilft’s?“, seufzte Huber. „Die Inhalte sind selbstverständlich für die CSU.“ Schmid zuckte nur müde mit den Schultern. „Dieses Drei-Punkte-Programm versuch’ ich jeden Tag zu praktizieren.“

Auch dass die CSU Stoiber noch brauche, darüber seien sich doch alle einig, so Generalsekretärin Christine Haderthauer zur AZ. „Aber als Ratgeber“, schränkt sie ein. Seehofer habe genau das wiederholt, was Beckstein in der Regierungserklärung vorgegeben hat.

Doch mit seinem Ruf nach Stoiber steht Seehofer nicht alleine. „Es beginnt ein Prozess der Verklärung“, sorgt sich ein einflussreicher CSU-Spitzenpolitiker. „Manche sehnen sich jetzt wieder nach ihrem Anführer Stoiber.“

Vor allem der Rosenheimer Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner habe Entzugserscheinungen. Beim Treffen der Oberbayern-CSU forderte er lautstark, dass Stoiber bei der Landtagswahl als Spitzenkandidat der Oberbayern- Liste antreten solle. Dabei war es gerade Stoibers Führung, die die CSU-Abgeordneten so satt hatten. Er, der immer alleine entschied – und die Abgeordneten, die parieren mussten. Sie wollten endlich demokratisch mitreden und entscheiden. Und jetzt ist es auch wieder nichts.

"Das ist doch alles sein Erbe"

Dabei ist sich die Mehrheit in der Fraktion noch einig, dass das Schlamassel, in dem das Tandem nun steckt, noch von Stoiber angerichtet wurde. „Ob Transrapid oder G8, das ist doch alles sein Erbe“, so ein Präside.

Dass es ohne Stoiber aber nicht geht, wissen alle in der CSU. Vor allem jetzt, in Krisenzeiten. Über seine Rolle wird verstärkt nachgedacht. Beckstein und Huber sind mit ihm in ständigem Kontakt. Fraktionschef Georg Schmid bittet ihn sogar persönlich zu den Fraktionssitzungen. Auch zur Klausur der Parteispitze am Wochenende in Kreuth wird Stoiber kommen. „Er möchte zum Erfolg beitragen. Dass wir die kommenden Monate bis zur Landtagswahl gut über die Runde bringen“, heißt es an der Parteispitze.

Auch am Mittwoch wird Stoiber in die Fraktionssitzung kommen und das Wort ergreifen, wenn sich die Abgeordneten erstmals nach den Ferien wieder treffen. Fraktionschef Schmid hofft da auf ein reinigendes Gewitter. Hinter verschlossenen Türen sollen sie ihren Frust ablassen, um dann geschlossen in den Landtagswahlkampf zu ziehen. „Hier kann jeder seine Probleme äußern“, so Schmid.

Allen Frust werden Huber und Beckstein da nicht hören. Nach einer Stunde verabschieden sie sich schon aus der Fraktion, um ihre eigene Rettungsaktion aus der Krise zu starten. Sie wollen die Bürger nun mit Entscheidungen überhäufen. Jede Woche eine andere. So hat sich’s das Trio am Morgen bei seinem Treffen in der Staatskanzlei ausgemalt. Beckstein: „Wir wollen nun in großer Gemeinsamkeit den Bürgern die Ziele der CSU deutlicher rüberbringen.“

Mehr Geld, mehr Lehrer, kleinere Klassen

Gleich am Mittwoch geht’s los: Gemeinsam werden Huber und Beckstein eine Wohltat verkünden, auf die Bayerns Eltern schon lange warten: Mehr Geld! Mehr Lehrer! Kleinere Klassen! Bessere Ganztagsbetreuung! 20 Millionen Euro wird Finanzminister Huber locker machen und 1000 neue Lehrer einstellen. Mehr Lehrer sind derzeit nicht auf dem Markt. Nächste Woche geht’s weiter mit der Entschärfung des umstrittenen G8. Weniger Stunden! Kein Nachmittagsunterricht für Fünftklässler! Als Nebeneffekt sollen dabei auch noch Lehrer frei werden, die den üblichen Unterrichtsausfall auffangen sollen.

Für Huber wird damit aber noch längst nicht alles gut. Auf ihn wartet anschließend noch ein heikler Termin. Der Verwaltungsrat der BayernLB tagt. Die Stunde der Wahrheit: Da kommt die Bilanz auf den Tisch, die morgen der Öffentlichkeit präsentiert wird. Dann steht fest, wie hoch die Milliarden-Verluste wirklich sind. Ein Präside: „Das trifft uns in unserer Kernkompetenz Geld. Das tut der CSU besonders weh.“ Nur einen wird’s vielleicht freuen: Horst Seehofer.

Angela Böhm

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