Christian Ude geht: Das Ende einer Ära

Der Chefredakteur Arno Makowsky über 20 Jahre Oberbürgermeister Christian Ude. Er machte München liberal und weltoffen.
von  Arno Makowsky
Ein Prost auf den nahenden Ruhestand. Christian Ude hat in der verführbaren Stadt für ein liberales Klima gesorgt.
Ein Prost auf den nahenden Ruhestand. Christian Ude hat in der verführbaren Stadt für ein liberales Klima gesorgt. © Schramek

Der Chefredakteur Arno Makowsky über 20 Jahre Oberbürgermeister Christian Ude. Er machte München liberal und weltoffen.

Es gibt erwachsene Münchner, die nie einen anderen Oberbürgermeister ihrer Stadt als Christian Ude erlebt haben. So wie viele Deutsche in den 90er Jahren kaum glauben konnten, dass es auch andere Bundeskanzler geben kann als Helmut Kohl. Nach einer Amtszeit von 20 Jahren ist es kein Wunder, dass sich ein Teil der Wähler ein neues Gesicht an der Spitze wünscht. Das bekommen die Münchner nun an diesem Sonntag. Doch man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass es schon bald Momente geben wird, in denen man sich Christian Ude zurückwünscht.

Warum? Weil Reiter, Schmid und Nallinger solide Kommunalpolitiker sind, die im Amt sicher noch an Format gewinnen werden. Ude aber war anders, immer schon. Ein Mann der Widersprüche. Innerhalb von zwanzig Minuten konnte er sich vom Schwabinger Feingeist zum krawalligen Bierzelt-Matador wandeln. Vom Kapitalismuskritiker zum Virtuosen der Wirtschafts-Stammtischs. Ude war immer links und gleichzeitig ein bisschen rechts. Und er vollzog diese Wandlungen stets mit Humor und Leichtigkeit.

Vielleicht liebten die Münchner diesen Oberbürgermeister auch deshalb so: Auch München selbst steckt ja voller Widersprüche, ist einerseits die behäbige alte Residenzstadt und gleichzeitig die feierwütige Metropole mit mediterranem Flair.

Natürlich kann Ude eine beeindruckende Bilanz vorlegen – von sinkenden Schulden bis zum Ausbau des Nahverkehrs. Aber das ist nach zwanzig Jahren nicht weiter überraschend (und ein paar Misserfolge hat er auch aufzuweisen). Nein, das Außergewöhnliche an diesem Mann ist, dass er in dieser verführerischen wie verführbaren Stadt für ein besonderes, ein liberales Klima gesorgt hat. Er hat das oft Widersprüchliche miteinander versöhnt. Er war der Oberbürgermeister der Künstler und der Wirtschaftsführer, der Wissenschaftler und der Sportler, der Intellektuellen und der kleinen Leute.

Auch seine Kritiker dürfen heute zugeben: Unter der Führung Christian Udes wurde München zur weltoffenen, zur vielleicht lebenswertesten Großstadt Deutschlands.

 

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