Christa Stewens: Ihre schöne schwarze Welt

Die Fraktionschefin der CSU legt zum Ende der Wahlperiode eine Fünf-Jahres-Bilanz vor: Die heiklen Themen ihrer Partei verschweigt Stewens. Die AZ macht den Fakten-Check 
Angela Böhm |
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Die Fraktionschefin der CSU legt zum Ende der Wahlperiode eine Fünf-Jahres-Bilanz vor: Die heiklen Themen ihrer Partei verschweigt Stewens. Die AZ macht den Fakten-Check  

MÜNCHEN Offensichtlich hat CSU-Fraktionschefin Christa Stewens (68) ihren 22 Enkelkindern zu oft Pippi Langstrumpf vorgelesen. „Widewidewitt, ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!“ Gestern zog sie im Landtag zum Ende der fünfjährigen Wahlperiode Bilanz. Die Opposition sprach von einem verzerrten Bayern-Bild der CSU. Die AZ macht den Faktencheck.

 

Gesamtbilanz

 

Stewens: „Wir haben eine Bilanz. Die Opposition hat keine Bilanz. Die anderen halten Buchstaben in der Hand. Wir lassen Zahlen sprechen. Wir haben eine Philosophie. Die Opposition hat keine.“

Die Fakten: Noch nie in den vergangenen 56 Jahren ihrer Regierung musste die CSU ihre Politik so oft korrigieren und die Forderungen der Opposition übernehmen. Horst Seehofer verkauft die CSU-Wenden inzwischen als Stärke: Der größte Irrtum sei, am Irrtum festzuhalten.

 

Schulden

 

Stewens: „Wir haben keine neuen Schulden mehr gemacht.“

Die Fakten: Mit zehn Milliarden musste Bayern die Landesbank nach ihrem Desaster retten. Über Nacht hat sich damit der Schuldenstand des Freistaats um ein Drittel auf 32,6 Milliarden Euro erhöht. Bisher konnte die Landesbank nur 1,5 Milliarden Euro zurückzahlen. „Wir sind guter Hoffnung, dass sie die zehn Milliarden langsam zurückzahlen kann“, räumt Stewens ein. Bis 2014 will der Freistaat 2,5 Milliarden Euro tilgen. Seehofers Versprechen: „Bis 2030 soll Bayern schuldenfrei sein.“

 

Kita-Plätze

 

Stewens: „Bayern hat in den vergangenen fünf Jahren die Versorgungsquote bei den Betreuungsplätzen für Kinder im 2. und 3. Lebensjahr nahezu verfünffacht!“

Die Fakten: Zuvor war Bayern in Deutschland Schlusslicht, weil das Bild der CSU die Mütter daheim bei den Kinder sieht. Wer auf die Krippe verzichtet, bekommt künftig 100 Euro Betreuungsgeld. Die Krippenplätze mussten gebaut werden, weil ab 1. August ein Rechtsanspruch besteht.

 

Internet

 

Stewens: „Bayern investiert eine halbe Milliarde Euro in den Breitbandausbau – so viel wie kein anderes Land.“

Die Fakten: Bis 2008 hat die CSU das Thema Breitband und Digitalisierung verschlafen. Dann übernahm die FDP das dafür zuständige Wirtschaftsministerium und machte das Thema zur „Herzensangelegenheit“. Als die CSU 2012 auf ihrer Klausur in Koster Banz ihre Digital-Offensive startete, musste für 50000 Euro erstmal ein Glasfaserkabel verlegt werden. Internet gab’s dort nur im Kriechtempo.

 

Was Stewens verschwieg:

 

Energiewende: Erst hatte die Union den Atomausstieg rückgängig gemacht. Nach Fukushima wollten auch sie keine Kernkraft mehr, weil Grüne und SPD in Baden-Württemberg die CDU nach 58 Regierungsjahren auf die Oppositionsbank geschickt hat.

Studiengebühren: Die CSU hatte sie eingeführt und auf Druck der Opposition wieder abgeschafft. Stewens kleinlaut: „Ein Volksentscheid wäre sinnlos gewesen.“

Donauausbau: 30 Jahre hat die CSU dafür gekämpft, jetzt ist sie umgefallen, aus Angst vor den Wählern. „Mein Gott“, sagt Stewens. „Das ist ein Stück gelebte Demokratie.“

G8: Erst als Seehofer-Herausforderer Christian Ude ankündigte, er werde als erste Amtshandlung für Schüler die Wahl zwischen G8 und G9 einführen, kam die CSU mit einem Flexi-Jahr. Stewens: „Wir wissen, dass die Einführung des G8 zu schnell war.“

Mieterschutz: Erst als Ude die Sorgen der Mieter zum großem Thema machte, klingelte es auch bei der CSU. Dazu sagt Stewens gar nichts.

Verwandtenaffäre: Zum Ende der Legislaturperiode ließ Amigo wieder grüßen. Vor allem CSU-Abgeordnete hatten ihre Ehefrauen und sogar minderjährige Kinder als Mitarbeiter auf Steuerzahlerkosten abgerechnet. Fraktionschef Georg Schmid musste zurücktreten, weil er seiner Frau über Jahre hinweg monatlich 5500 Euro zukommen ließ. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Scheinselbständigkeit. Stewens betroffen: „Gut, das hätte man erwähnen müssen.“

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