Chinesische Polizei feuert auf Demonstranten

Bei den anhaltenden Unruhen in Tibet haben Sicherheitskräfte offenbar mehrere Menschen erschossen. Die chinesische Seite spielt die Gewalttaten herunter und spricht von «Notwehr». Die Protestierenden seien bloß verletzt worden.
China hat erstmals zugegeben, dass die Polizei während der blutigen Unruhen in von Tibetern bewohnten Regionen auf Demonstranten geschossen hat. Das berichtete am Freitag die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf Polizeiquellen. Demnach hätten Polizisten bei Unruhen am vergangenen Sonntag im Bezirk Aba in der Provinz Sichuan aus «Notwehr» das Feuer eröffnet. Nachdem die Nachrichtenagentur zunächst von vier Toten gesprochen hatte, berichtigte sie die Angabe später auf vier Verletzte durch die Polizeischüsse. Andere Quellen sprechen von 18 Demonstranten, die von der Polizei erschossen worden seien.
Die Berichte stehen im Widerspruch zu bisherigen offiziellen Beteuerungen, wonach keine Schüsse abgegeben worden seien. Der Sprecher des Außenministeriums hatte am Donnerstag bekräftigt, dass keine tödlichen Waffen zum Einsatz gekommen seien. Am Freitag korrigierte das Ministerium den Eindruck, dass sich seine Äußerungen auch auf die Gebiete außerhalb Lhasas bezogen hätten. Eine örtliche Quelle hatte der Deutschen Presse-Agentur in Peking bestätigt, dass bei Protesten in Aba seit Freitag 18 Menschen von chinesischen Sicherheitskräften erschossen wurden.
Bevor die Schüsse gefallen seien, hätten die Demonstranten Polizisten mit Messern angegriffen und versucht, ihnen die Waffen zu entreißen, hieß es in dem Xinhua-Bericht weiter. Eine Polizeistation sei bei den Unruhen niedergebrannt, Polizeiautos seien zerstört worden. Die Polizei habe zunächst Warnschüsse abgegeben, sei danach aber weiter «attackiert» worden, hieß es. «Die Polizei war aus Notwehr gezwungen, das Feuer zu eröffnen», sagte eine Polizeiquelle laut Xinhua. Die Verletzten seien daraufhin geflüchtet.
Unterdessen hat sich die Präsidentin des US-Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, bei einem Treffen mit dem Dalai Lama entschieden gegen das Vorgehen der chinesischen Sicherheitskräfte in Tibet ausgesprochen. Die Welt müsse erfahren, was wirklich in Tibet geschehe, forderte die demokratische Politikerin am Freitag im nordindischen Dharamsala, dem Sitz der tibetischen Exilregierung. Pelosi rief alle «freiheitsliebenden Menschen» auf, ihre Stimme gegen die «chinesische Unterdrückung» zu erheben. Hunderte Exil-Tibeter dankten Pelosi mit Sprechchören und auf Plakaten für ihre Äußerungen. (dpa)