China erklärt Unruhen für eingedämmt

Einen Tag nach der Ankündigung eines «entschiedenen Kampfs gegen die Saboteure» ist China offenbar um Schadensbegrenzung bemüht. Die Aufstände in Tibet und anderen Regionen seien unter Kontrolle.
von  Abendzeitung
Chinesische Truppen sichern eine Straße in Lhasa
Chinesische Truppen sichern eine Straße in Lhasa © AP

Einen Tag nach der Ankündigung eines «entschiedenen Kampfs gegen die Saboteure» ist China offenbar um Schadensbegrenzung bemüht. Die Aufstände in Tibet und anderen Regionen seien unter Kontrolle.

Die chinesische Führung will die internationale Öffentlichkeit offenbar besänftigen und hat am Sonntag mitgeteilt, dass man die Unruhen in Tibet und angrenzenden Regionen eingedämmt habe. Die meisten Gebiete waren laut Angaaben der staatlichen Presseagentur Xinhua von der Außenwelt abgeschnitten, ein massives Militäraufgebot war im Einsatz. Eine unabhängige Bestätigung der Berichte war nicht möglich.

In den betroffenen Gebieten kehre wieder Normalität ein, heißt es. Im Bezirk Aba in der Provinz Sichuan hätten mehr als die Hälfte der Geschäfte wieder geöffnet. Der Chef der Kommunistischen Partei in dem Bezirk, Kang Qingwei, wurde mit den Worten zitiert, alle Regierungseinrichtungen und wichtigen Unternehmen arbeiteten normal, die Schulen würden am Montag wieder öffnen. Zuvor hatte die Agentur aus Aba berichtet, dass Polizisten in Notwehr vier Gewalttäter erschossen hätten.

Es war das einzige Mal, dass die chinesischen Behörden Schüsse auf Demonstranten einräumten. Auch in Xiahe in der Provinz Gansu kehre nach Unruhen in der vergangenen Woche wieder Ruhe ein, meldete Xinhua. «Der Albtraum ist vorbei. Alles scheint Vergangenheit zu sein», wurde ein örtlicher Händler zitiert. Auch in Machu in Gansu habe die Regierung wieder die Kontrolle übernonmmen. 70 Prozent der Läden in der Stadt seien von Gewalttätern zerstört worden, hieß es.

Nach offiziellen Angaben sind bei den Unruhen im Gebiet Gannan der westchinesischen Provinz Gansu insgesamt 94 Menschen verletzt worden. Seit Beginn der Proteste vor mehr als einer Woche sei aber nur ein Zivilist verletzt worden, berichtete Xinhua. Alle anderen Verletzten seien demnach Angehörige der Polizei oder Funktionäre. Exiltibetische Organisationen hatten von mindestens 39 Opfern durch Schüsse von chinesischen Truppen in Aba in Sichuan und Machu in Gansu berichtet. Die Proteste begannen am 10. März in Tibet. China gibt die Zahl der Toten bei den Unruhen offiziell mit 22 an. Nach Angaben der tibetischen Exilregierung in Indien wurden mindestens 99 Menschen getötet: 80 in Lhasa und 19 in Gansu.

Taiwan schließt Olympia-Boykott nicht aus

Unterdessen schließt der Sieger der Präsidentenwahl in Taiwan wegen des harten Vorgehens Chinas gegen Demonstranten in Tibet laut einer Meldung der Agentur Reuters einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking nicht aus. «Sollte sich die Lage in Tibet verschlimmern, würden wir in Erwägung ziehen, keine Athleten zu den Spielen zu schicken», sagte Ma Ying Jeou am Sonntag.

Zugleich unterstrich Ma, dass Taiwan nicht als Schauplatz für den traditionellen Fackellauf dienen werde, bei dem das Olympische Feuer von Griechenland aus rund um die Erde zum Austragungsort der Spiele gebracht wird. Er begründete die Entscheidung damit, dass Taiwan seine Fahne bei den Spielen in Peking nicht präsentieren dürfe. Ma tritt im Gegensatz zu der aktuellen Regierung, die er im Mai ablöst, für bessere Beziehungen zu China ein. Seine Äußerungen einen Tag nach seinem Wahlsieg kamen daher überraschend. Er kündigte jedoch zugleich eine neue Ära des Friedens und der Verständigung mit China an. Er wolle die Beziehungen zu China grundlegend verbessern, sagte Ma auf einer Pressekonferenz am Tag nach seinem Wahlsieg.

Der künftige Präsident schloss eine Anerkennung Chinas aus, sprach aber von einem Ende der Zeit, in der China das Existenzrecht abgesprochen wurde. «Wir werden ihre Existenz nicht leugnen, aber wir können ihre Souveränität auch nicht anerkennen», sagte Ma über die Regierung in Peking. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und hat mit einer Invasion gedroht, sollte das Land seine Unabhängigkeit erklären. Ma sagte, er wolle zu einem Konsens zurückkehren, den Peking und Taipeh 1992 gefunden hatten. Demzufolge akzeptieren beide Seiten, dass es nur «ein China» gibt, interpretieren es aber jeder auf seine Weise. Aufbauend auf diesem Prinzip wolle er Verkehr, Handel und Tourismus zwischen beiden Ländern fördern, sagte Ma. Einen baldigen Besuch in China plane er nicht, fügte er hinzu.

Exiltibeter in Deutschland fühlen sich von China bespitzelt

Die Exiltibeter in Deutschland werden nach eigener Darstellung von chinesischer Seite ausspioniert. Spitzel mischten sich unter Demonstranten, sagte der Mitbegründer des Vereins der Tibeter in Deutschland, Tsewang Norbu, der «Bild am Sonntag». Telefonate würden abgehört. Unterdessen hat China die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kritisiert. Laut Kommentar der Nachrichtenagentur Xinuha verschließe sie die Augen vor «gnadenlosen Randalierern». Pelosi hatte jüngst den Dalai Lama getroffen.

(nz/AP/dpa)

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