Chefin von Obamas Leibwache tritt nach Pannenserie zurück

Reihenweise Pannen bei der Leibwache Obamas - das konnte die Regierung nicht mehr mit ansehen. Jetzt zog sie die Reißleine: Offiziell heißt es zwar, die Chefin des Secret Service habe den Rücktritt angeboten.
von  dpa
Die Chefin des Secret Service Julia Pierson ist zurückgetreten.
Die Chefin des Secret Service Julia Pierson ist zurückgetreten. © dpa

Reihenweise Pannen bei der Leibwache Obamas - das konnte die Regierung nicht mehr mit ansehen. Jetzt zog sie die Reißleine: Offiziell heißt es zwar, die Chefin des Secret Service habe den Rücktritt angeboten. Aber vermutlich war es eher ein Rauswurf.

Washington – Nach einer schweren Pannenserie rund um die Bewachung von US-Präsident Barack Obama ist die Chefin seiner Leibwache zurückgetreten. Julia Pierson, Chefin des Secret Service, bot am Mittwoch ihren sofortigen Rückzug an, und Heimatschutzminister Jeh Johnson akzeptierte den Schritt. Enthülllungen über haarsträubende Pannen hatten den Rücktritt praktisch unausweichlich gemacht. Unter anderem war erst kürzlich ein mit einem Messer bewaffneter Mann ins Weiße Haus eingedrungen.

Möglicherweise brachte auch eine neue, peinliche Enthüllung der "Washington Post" das Fass zum Überlaufen: Demnach hatte der Secret Service während Obamas kürzlichen Besuch bei der Seuchenbehörde CDC einen bewaffneten, dreifach verurteilten Ex-Straftäter in Obamas Nähe gelassen. Der Mann war Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma und wurde auffällig, als er mit seinem Smartphone Fotos von Obama machte. Die beiden waren bei dem Besuch in Atlanta vor rund zwei Wochen gemeinsam im Aufzug gefahren, schrieb das Blatt am Mittwoch. Als die Agenten sich beschwerten, wurde der Mann auf der Stelle gefeuert und musste seine Dienstwaffe abgeben - erst da wurde dem Secret Service klar, dass er bewaffnet war. Das Sicherheitsprotokoll verbietet aber, dass sich außer dem Secret Service Bewaffnete in Obamas Nähe aufhalten.

Erst am Dienstag musste sich Pierson vor einem Kongress-Ausschuss verantworten. Es spreche für ihre Professionalität, dass sie dabei die Verantwortung für die Pannenserie übernommen habe, sagte Regierungssprecher Josh Earnest am Mittwoch im Weißen Haus. Obama habe persönlich mit Pierson telefoniert, die 30 Jahre beim Secret Service beschäftigt war.

Der Secret Service bewacht den Präsidenten 24 Stunden am Tag. Er kümmert sich ebenfalls um die Sicherheit von Ehefrau Michelle sowie der beiden Obama-Töchter. Die Behörde hat rund 3400 Agenten beschäftigt.

Heimatschutzminister Johnson ernannte den Ex-Secret-Service-Agenten Joseph Clancy zum Interims-Nachfolger. Außerdem ordnete er eine Untersuchung der jüngsten Vorfalls vom 19. September durch eine unabhängige Expertengruppe an. An diese Tag war ein Irak-Veteran mit einem Messer bis tief ins Weiße Haus eingedrungen. Der Mann war über den Zaun geklettert, in das Gebäude gerannt und nicht aufgehalten worden. Zunächst hatte Obamas Leibwache behauptet, der Eindringling sei am Eingang gestoppt worden.

Zugleich waren Details einer anderen Sicherheitspanne im Weißen Haus bekanntgeworden, die sich bereits 2011 ereignete. Damals hatte ein Mann nachts sieben Schüsse auf das Weiße Haus abgegeben, wie die "Washington Post" berichtete. Weil ein Secret-Service-Vorgesetzter den Lärm auf eine nahe gelegene Baustelle zurückführte, habe er seine Beamten angewiesen, sich zurückzuhalten. Erst vier Tage später merkten die Personenschützer, dass das Weiße Haus von Kugeln getroffen worden war - als eine Haushälterin Glasscherben auf einem Balkon fand.

Zuvor hatte Earnest einschneidende Maßnahmen verlangt. "Es ist klar, dass einige Reformen umgesetzt werden müssen", sagte er dem TV-Sender CNN.

Die "Washington Post" (Mittwoch) forderte eine unabhängige Untersuchung der Abläufe bei der Leibgarde. Die "New York Times" sprach vom "Kollaps des Secret Service" und sagte, der Zaunspringer habe die Vorstellung der "weltweit undurchdringlichsten Sicherheitstruppe" zerschlagen. Die Agenten hätten sich als "stümperhaft" entpuppt. Das "Wall Street Journal" schrieb, der Vorfall habe eine "Kultur der Inkompetenz und Doppelzüngigkeit" offenbart.

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