Chávez poltert, die „Staatsfrau“ bleibt cool
Es sollte ein spannender Abend werden: Am Freitag traf Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Lateinamerika-Gipfel in Lima mit Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez zusammen. Kurz zuvor hatte der Präsident Merkel erneut scharf angegriffen.
LIMA Es sollte ein spannender Abend werden: Am Freitag traf Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Lateinamerika-Gipfel im peruanischen Lima mit Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez zusammen. Das Gespräch beider Regierungschefs verdrängte beinahe alle anderen Themen von der Agenda. Denn wenige Stunden zuvor hatte der für seine nicht gerade diplomatische Art bekannte Linksnationalist noch einmal für Zündstoff gesorgt und Merkel scharf angegriffen: „Frau Merkel fehlt alles, einschließlich Vernunft“, giftete er vor seiner Abreise. Bereits vergangenes Wochenende hatte Chávez Merkel mit Hitler verglichen (AZ berichtete).
Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war das Gipfeltreffen noch nicht beendet. Aber Merkel zeigte schon im Vorfeld, wie sie mit dem wutschnaubenden Caudillo im tiefroten Hemd umzugehen gedenkt – mit uckermärkisch-trockener Gelassenheit. Am Mittwoch polterte Chávez: „Die Kanzlerin kommt hierher und wirft mit Steinen. Ich weiß nicht, was diese europäischen Staatschefs hier wollen.“ Merkel darauf: „Ich werde jedem Gipfelteilnehmer freundlich Guten Tag sagen.“
„Merkwürdig“
Am Donnerstag nannte Chávez Bundeskanzlerin Angela Merkel „merkwürdig“ und setzte machohaft hinterher: „Sie sollte sich lieber wie eine Staatsfrau benehmen.“ Merkels Antwort: „Ich glaube, wir werden uns gut vertragen.“
Und warum der ganze Zoff? Weil Merkel in einem Interview gesagt hatte, Venezuela sei nicht die einzige Stimme in Lateinamerika. Dieser Satz hat den Präsidenten offenbar derart verärgert, dass er beleidigt klarstellte: „Bundeskanzlerin Angela Merkel ist auch nicht die einzige Stimme in der EU.“
Vordergründig mag man über das polternde Auftreten eines Hugo Chávez lächeln. Doch es ist auch Zeichen eines neuen Selbstbewusstseins der Lateinamerikaner. In Ländern wie Brasilien, Chile oder Venezuela brummt die Wirtschaft, die Regierungschefs fühlen sich erstarkt. Experten warnen deshalb davor, dass es bei dem Lateinamerika-Gipfel konkrete Ergebnisse geben könnte.
Streitpunkt
Ein Streitpunkt sind zum Beispiel Energiepolitik und Klimaschutz: Brasilien ist ein großer Befürworter von Bio-Ethanol aus Soja und Zuckerrohr. Die Europäer fürchten jedoch, dass Brasilien zu viele Regenwaldflächen für den Anbau opfern könnte. Außerdem soll es bei dem Gipfel um konkrete Maßnahmen zur Armutsbekämpfung gehen.
Nur gestritten wird aber auch nicht: Brasiliens Staatspräsident Lula da Silva beispielsweise umschmeichelte Merkel mit den Worten: „Ihr Besuch wurde von uns heiß erwartet.“ Während der Unterzeichnung mehrerer Verträge tuschelten und kicherten beide häufig miteinander.
Außerdem darf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt als „Sonne Perus“ bezeichnen lassen – den gleichnamigen Orden verlieh ihr der peruanische Präsident Alán Garcia. Wie Hugo Chávez das wohl fand?