Chavez' Erbe: Der Apostel und sein Vögelchen
CARACAS Am Sonntag ist Wiederaufstehung: Dann wählt Venezuela einen Nachfolger für den verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez. Dabei geht es weniger um einen demokratischen Prozess als um eine skurrile Mystifizierung: Nicolas Maduro, sein Wunschnachfolger, inszeniert sich als „Apostel“, der den Willen des „Erlösers“ künftig auf Erden voranbringen werde.
„Um das Land zu lenken – Maduro“, hat der 50-Jährige Plakate kleben lassen, in Anspielung auf seinen früheren Beruf als Busfahrer. Doch Maduro weiß auch, dass er es an Ausstrahlung und Wortgewalt nicht aufnehmen kann mit dem Volkstribun Chávez. Also versucht er es im tiefkatholischen Venezuela mit der religiös-emotionalen Schiene: „Von seinen Händen sprudelt das Wasser des Lebens“, heißt es auf seinen Wahlplakaten unter dem Konterfei von Chávez. „Unser Erlöser des 21. Jahrhunderts hat nun im Himmel seinen Platz neben Jesus Christus“, behauptet Maduro inbrünstig. Dort habe er das auch mit dem Papst aus Lateinamerika eingefädelt. Und ja, Chávez Geist sei ihm schon erschienen, in Gestalt eines kleinen Vögelchens, und habe ihm seinen Segen erteilt. „Ich bin sein Sohn.“
Zweites Standbein von Maduro sind Verschwörungstheorien – die in Lateinamerika, wo die USA in der Tat einige schmutzige Dinge gedreht haben, auf durchaus fruchtbaren Boden fallen. Er hat eine Untersuchungskommission einsetzen lassen, die belegen soll, dass US-Agenten Chávez mit Krebs „infiziert“ haben. Und dass sie außerdem immer das Stromnetz sabotieren und damit für die häufigen Stromausfälle verantwortlich sind.
Das Land mit den größten Erdölreserven der Welt
Oppositionskandidat Henrique Capriles hat dagegen einen schweren Stand. Bei den Wahlen im Oktober konnte er mit 44 zu 55 Prozent einen Achtungserfolg gegen Chávez erzielen. Diesmal, angesichts der Verklärung des toten Volkshelden, wird er nach allen Umfragen schlechter abschneiden. Maduro macht außerdem Stimmung gegen Capriles’ vermutete Homosexualität und bringt bei jedem Auftritt Frau und Kinder mit.
Dabei ist die Lage nicht ungefährlich. Korruption, die wahnwitzige Kriminalität – in Caracas geschehen pro Wochenende rund 60 Morde – und die galoppierende Inflation sorgen für Unmut, den Chávez mit seinem Charisma noch einigermaßen in Schach halten konnte. Wie lange Maduro sich von der Aura seines Vorgängers nähren kann, ist offen – und Venezuela ist immerhin das Land mit den größten Erdölreserven der Welt.
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