CDU-Politiker warnt vor "importiertem Antisemitismus"
Berlin - Der CDU-Spitzenpolitiker Jens Spahn hat vor einem „importierten Antisemitismus“ in Deutschland gewarnt. „Machen wir uns nichts vor: Zuwanderung aus islamischen Ländern verändert in Teilen das Klima in unserem Land“, sagt er dem „Spiegel“.
Der 34-jährige Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen, der in seiner Partei eher zum linksliberalen Flügel zählt, berichtet auch von persönlichen Erfahrungen: „Wenn ich mit meinem Freund durch Berlin gehe, muss ich mir auf einmal wieder dumme Sprüche anhören, weil ich schwul bin. Mädchen sollen nicht am gemeinsamen Schwimmunterricht teilnehmen dürfen. Und auf deutschen Straßen hören wir wieder Sprüche wie ,Juden ins Gas’ – und die kommen nicht nur von Neonazis. Wir haben auch Antisemitismus importiert“, sagt er.
Und weiter: „Wer unsere offene Gesellschaft für verdorben und verweichlicht hält oder wer in einem Gottesstaat leben will, dem kann ich einfach nur sagen: Geh’ und such dir ein anderes Land.“
Es sind gleich mehrere Probleme, die er in den wenigen Sätzen anspricht – und die liberale Muslime in Deutschland schon länger beklagen. In Berlin etwa kämpft der Psychologe Ahmad Mansour, ein gebürtiger Palästinenser, seit Jahren gegen wachsenden Antisemitismus in muslimischen Gemeinden. Der Hass auf Juden sei „Teil der Erziehung in manchen muslimischen Familien – auch in Deutschland. Über Generationen hinweg wird den Kindern in diesen Familien das Gefühl vermittelt, überall auf der Welt würden Muslime unterdrückt. Schuld daran sei ,der Jude’“, sagt Mansour 2014 in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.
Zugeschüttet mit Propaganda durch Eltern und Freunde Insbesondere junge Männer seien in dieser Hinsicht „besonders aggressiv und machen einen großen Anteil aus“, hat der Psychologe beobachtet, der in verschiedenen Projekten gegen Antisemitismus und Extremismus unter Muslimen mitarbeitet.
„Seit ihrer Kindheit wurde diesen jungen Menschen das Feindbild mitgegeben, unter anderem durch ihre Eltern, Freunde und Bekannte aber auch in Moscheen und Koranschulen. Im heimischen Wohnzimmer schauen sie arabische Sender, die sie mit Propaganda zuschütten.“
Auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat sich zuletzt dem Thema gewidmet: Die Forscher haben Übergriffe gegen Juden durch Muslime dokumentiert. „Viel häufiger begegnet einem der Antisemitismus unter muslimischen Migranten aber im Alltag, auf Schulhöfen, in Schulklassen, Moscheen, auf Facebook, in Satellitensendern und in Foren“, schreibt Experte Mansour für die Bundeszentrale. „Dieser Antisemitismus ist kaum erforscht, stellt aber eine der großen Bedrohungen für unsere Demokratie dar.“
Und die Homophobie unter Muslimen, die Jens Spahn beklagt? Ist ebenfalls schon Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen – und durch sie bestätigt. So ergibt die Studie „Deutsch-Türkische Lebens- und Wertewelten“ von 2012, dass 50 Prozent der befragten türkischstämmigen Menschen Homosexualität für eine „Krankheit“ halten, 73 Prozent finden es „schlimm“, wenn ein Mann eine Beziehung mit einem anderen hat. Bei den deutschen Befragten betragen die ablehnenden Werte nur einen Bruchteil, liegen je nach Fragestellung zwischen 0,4 Prozent (bei den Mädchen) und 16 Prozent (bei den Jungen).
„Je religiöser die jungen muslimischen Menschen sind, desto homosexuellenfeindlicher sind sie“, sagt Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg, der die Studie ausgewertet hat. Religionspädagogin Rabeya Müller sieht in dem Zusammenhang einen „sehr orthodox-konservativen traditionellen Mainstream in der islamischen Gemeinschaft in Deutschland“.
Dazu passt das Statement, das sich lange auf der Internetseite der deutschen Ahmadiyya Muslim Gemeinde gefunden hat: Demzufolge wird Homosexualität eindeutig durch den Konsum von Schweinefleisch ausgelöst.