CDU-Minister warnt vor Terror im Wahlkampf

Hessens Innenminister Bouffier zieht «jedes Szenario in Betracht» - selbst «Massengeiselnahmen» im Vorfeld der Bundestagswahl. Die Warnung stößt bei SPD und CSU auf Unverständnis: Es gebe keinen Grund zu Panikmache.
von  Abendzeitung
Volker Bouffier
Volker Bouffier © dpa

Hessens Innenminister Bouffier zieht «jedes Szenario in Betracht» - selbst «Massengeiselnahmen» im Vorfeld der Bundestagswahl. Die Warnung stößt bei SPD und CSU auf Unverständnis: Es gebe keinen Grund zu Panikmache.

Der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) hat vor möglichen «Massengeiselnahmen» im Bundestagswahlkampf durch Terroristen gewarnt. Bouffier, der Sprecher der Innenminister von CDU und CSU ist, sagte der «Bild»-Zeitung: «Wir müssen jedes Szenario in Betracht ziehen und uns entsprechend vorbereiten. Es hat nichts mit Panikmache, aber sehr viel mit Vorsorge zu tun, wenn sich die Polizeien von Bund und Ländern auch auf die Möglichkeit einer Massengeiselnahme vorbereiten.»

Für diese Warnung erntete Bouffier indes Unverständnis von Innenpolitikern von SPD und CSU. «Ich warne davor, in Panik zu verfallen. Deutschland steht zwar im Fadenkreuz islamistischer Terroristen, den bayerischen Sicherheitsbehörden liegen derzeit aber keine konkreten Hinweise auf Terroranschläge in Deutschland vor», sagte der bayerische Innenminister Joachim Hermann (CSU) «Welt Online». Man müsse wachsam sein, dürfe sich aber gleichzeitig nicht einschüchtern lassen. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), kritisierte Bouffiers Äußerung als «Wichtigtuerei». Es sei schon seit längerem klar, dass es im Vorfeld der Bundestagswahl eine erhöhte abstrakte Gefahrenlage gebe, sagte Edathy. Aber die Sicherheitsbehörden seien gut aufgestellt, «es gibt keinen Grund, die Öffentlichkeit mit solchen Warnungen zu verunsichern».

Verbreitung ständig neuer Szenarien «weniger professionell»

Von Seiten des Berliner Innensenators Ehrhart Körting, Sprecher der SPD-Landesinnenminister, hieß es: «Es ist gut, dass sich unsere Sicherheitsbehörden auf alle Szenarien professionell vorbereiten. Weniger professionell scheint es uns zu sein, seitens der Politik ständig neue Szenarien in Medien spektakulär unter die Leute zu bringen, ohne dass die Sicherheitsexperten neue, konkrete Hinweise haben.» Bouffier hatte Informationen der «Bild» bestätigt, wonach GSG 9 und Sondereinsatzkommandos (SEK) der Länder für den Fall von Massengeiselnahmen trainieren. Dem Minister zufolge sprechen «alle vorliegenden Erkenntnisse» dafür, «dass islamistische Terroristen den Bundestagswahlkampf spektakulär nutzen wollen, um mit Anschlägen den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zu erzwingen». Der Sprecher der Unions-Innenminister sagte: «Wir wissen nicht, wann und wo sie zuschlagen werden.» Aber Deutschland stehe «eindeutig im Fadenkreuz». Das Terrornetz Al Qaeda wolle massiven Schaden anrichten. Die in Deutschland bekannteste Geiselnahme mit terroristischem Hintergrund ereignete sich 1977, als die Lufthansa-Maschine «Landshut» nach Afrika entführt wurde. Mit der Aktion sollten Häftlinge der Roten-Armee-Fraktion (RAF) freigepresst werden. Bei der Befreiungsaktion in Mogadischu überlebten alle Geiseln.

Bouffier will Islamzentren schärfer überwachen

Auf vorbehaltlose Zustimmung stieß Bouffiers Warnung lediglich bei Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). «Das Risiko ist so groß wie noch nie. Niedersachsen bereitet sich schon seit einiger Zeit intensiv auf entsprechende Szenarien vor», sagte er «Welt Online». Wegen der Terrorgefahr sprach sich Bouffier dafür aus, Islamzentren und Moscheen bei Bedarf schärfer zu überwachen. «Bei Hinweisen auf eine konkrete Gefährdung kann man keinen Ort ausschließen», wurde der Minister zitiert. Man brauche in den islamischen Gemeinden Vertrauensleute, die auffällige Personen melden sollten. «Das hat nichts mit Denunziation zu tun, sondern mit Vertrauensbildung.» (dpa/AP)

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