Carter: Israel besitzt 150 Atomwaffen

Er verurteilt die Folter von Terrorverdächtigen, trifft sich mit Hamas-Vertretern und übt Kritik an der Nahostpolitik der Bush-Administration: Jetzt sorgt der frühere US-Präsident Carter erneut für Verblüffung.
Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter hat mit seiner Rede im walisischen Hay-on-Wye die Öffentlichkeit in Erstaunen versetzt. Israel besitze seiner Einschätzung nach 150 Atomwaffen, sagte der 83-Jährige auf einer Messe für politische Bücher, wie die Londoner «Times» am Montag berichtete.
Die Aussage sei «verblüffend», denn US-Politiker ließen sich nicht öffentlich über Israels Atomwaffen aus. Dass Israel über Atomwaffen verfügt ist spätestens seit 1986 kein Geheimnis mehr, allerdings hat das Land den Besitz nuklearer Sprengköpfe bisher nicht offiziell bestätigt.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Carter habe sich in der Rede auch dafür ausgesprochen, dass die USA direkte Verhandlungen mit der Regierung des Iran aufnehmen, um sie vom Streben nach Nuklearwaffen abzubringen. Allerdings könne von Regierung in Teheran nicht verlangt werden, dass es die Existenz eines Programms zur Erlangung von Atomwaffen öffentlich zugibt, sagte Carter weiter. Zudem übte der frühere Präsident erneut Kritik an der israelischen Blockade des Gaza-Streifens. Dies sei derzeit eine «der größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit». Es gebe keinen Grund diese Menschen so zu behandeln. Israel hat den Küstenstreifen nach der Machtübernahme durch die radikal-islamische Hamas im Juni vergangenen Jahres abgeriegelt. Gleichzeitig warf der Friedensnobelpreisträger der Europäischen Union vor, im Nahen Osten versagt zu haben. Die EU solle die Bildung einer Einheitsregierung mit der Hamas und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas unterstützen und die radikalislamische Organisation zu einem Waffenstillstand ermutigen. Carter hatte sich Anfang Mai mit einem Hamas-Vertreter in Syrien getroffen. Die US-Regierung hatte ihn dafür scharf kritisiert, sein Vorgehen behindere die Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten. Die USA und die EU lehnen Verhandlungen mit der Hamas kategorisch ab. (nz)