Bundeswehr: Von der Leyen geht in die Offensive

Rechtsextreme Soldaten und andere Missstände in der Bundeswehr setzen Ursula von der Leyen unter Druck. Die kündigt Reformen an – bis in jede Verästelung der Truppe.
von  dpa
Schreitet zur Sondersitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags: Ursula von der Leyen.
Schreitet zur Sondersitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags: Ursula von der Leyen. © dpa

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat als Reaktion auf die Affäre um Terrorverdacht in der Bundeswehr umfassende Reformen in den Streitkräften in Aussicht gestellt. Die Bundeswehr müsse nach innen schauen, auf Führung und Werte, sagte von der Leyen gestern nach einer Sondersitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses. Die Werte seien das Fundament der Bundeswehr. Es müsse sichergestellt werden, dass sie "bis in jede Verästelung der Bundeswehr hinein auch ihren Bestand und ihre Festigkeit haben".

Die unter Druck stehende Ministerin kündigte eine Überprüfung der Wehrdisziplinarordnung an, ein neues Programm "Innere Führung heute" und eine Überarbeitung des Traditionserlasses mit Regeln zur Übernahme militärischer Traditionen. Zudem solle die politische Bildung, Ausbildung und Erziehung innerhalb der Bundeswehr breit überprüft werden. Man wolle Soldaten bis in die unterste Ebene nach Problemen fragen, um ein klares Lagebild zu erhalten.

"Es ist der richtige Weg"

Daraus solle ein Maßnahmenkatalog erstellt werden. "Das ist ein langer Weg, den wir gemeinsam gehen wollen", sagte sie. "Aber es ist der richtige Weg."

Es gehe um einen breiten Prozess "vom Rekruten bis zum General, vom Referenten bis zur Ministerin". Dabei zähle aber das richtige Maß. "Wir dürfen nicht alles in Bausch und Bogen über Bord werfen."

Von der Leyen steht unter Druck, die Affäre um Franco A. zieht immer weitere Kreise. Ermittler nahmen am Dienstag einen weiteren Verdächtigen fest – den 27-jährigen Maximilian T.. Er soll gemeinsam mit Franco A. und einem weiteren Helfer einen Anschlag vorbereitet haben, um ihn Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben (AZ berichtete). Mittlerweile sitzen die drei rechtsextremen Verdächtigen in U-Haft.

Laut eines Sprechers des Verteidigungsministeriums gebe es aber keine Hinweise auf ein Netzwerk. Der Begriff sei "aus juristischer Sicht irreführend", erklärte der Sprecher.

"Es ist ungeheuerlich, was hier alles schief gelaufen ist"

Nach bisherigen Erkenntnissen war die rechte Gesinnung des Berufssoldaten A. den Vorgesetzten seit mehreren Jahren bekannt.

Opposition und SPD machen von der Leyen schwere Vorwürfe, ihren Rücktritt forderte aber bislang niemand. Christine Buchholz, verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, nannte die angekündigten Schritte eine "Nebelkerze, um von weiteren unangenehmen Nachforschungen abzulenken". Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger erklärte: "Es ist ungeheuerlich, was hier im Vorfeld alles schief gelaufen ist." Von der Leyen muss für die Affäre nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann die Verantwortung übernehmen. "Franco A. und seine Mitstreiter haben sich ja fast schon so auffällig verhalten, dass man es gar nicht übersehen konnte", sagte er.

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold erklärte, die Ministerin habe zu spät auf Berichte über rechte Umtriebe in der Truppe reagiert und zu wenig das Gespräch mit dem Bundeswehr-Geheimdienst MAD gesucht. Von der Leyen habe in der Bundeswehr für Verunsicherung und Misstrauen gesorgt. "Das sind schwere Versäumnisse."

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