Bundestagswahl 2013: Ärger im Ehe-Alltag!

Scheidungsanwalt Hermann Messmer über Fälle von Stimmenkauf, Nötigung und Erpressung im politischen Ehe-Alltag.
von  Rudolf Schröck

In Münchner Anwaltskreisen gibt es aktuell einen echten Brüller. Kurz nach der Landtagswahl meldete sich Kirsten W. (Name geändert) bei ihrem Anwalt. Die 35jährige Ehefrau berichtete: „Mein Mann hat mir gedroht, das Haushaltsgeld zu kürzen, wenn ich nicht seine Partei, sondern was anderes auf der linken Seite wähle. Das hatte ich eigentlich vor. Im Gegenzug bot er mir an, dass ich den lange versprochenen Zweitwagen, einen VW-Golf, bekäme, wenn ich ,richtig' wähle.“ Und natürlich gilt das auch für die Bundestagswahl. Ich habe mich darauf eingelassen. Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen, wie ich aus diesem Deal wieder herauskomme.“

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Der „Deal“ war von ihrem Ehemann, einem Computer-Unternehmer (55), clever eingeleitet worden: Die Frau musste beide Briefwahl-Unterlagen beantragen, dann handschriftlich die Wahlscheine unterschreiben und unter Aufsicht des Gatten die „richtige Partei“ ankreuzen. Das tat sie auch. Der Mann brachte persönlich die Wahlbriefe für Landtag und Bundestag zur Post. Der VW-Golf wird Anfang Dezember an die Ehefrau ausgeliefert.

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Für Hermann Messmer, der als Fachanwalt über 5000 Scheidungen begleitet hat (was wahrscheinlich deutscher Rekord ist), ist dies kein Einzelfall, sondern Ehe-Normalität. „Ich würde der genannten Ehefrau nicht zu einer Klage raten“, sagt er. „Denn sie hat sich genauso wie ihr Mann strafbar gemacht. Nach Paragraf 108 des Strafgesetzbuches ist Wählernötigung oder Wählerbestechung, auch innerhalb der Familie, ein Delikt, das auf jeden Fall mit Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Gefängnis belangt werden kann. Das gilt in erster Linie natürlich für den Ehemann, aber auch für die Frau, weil sie sich ihr Wahlrecht abkaufen ließ.“

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Messmers Kollege, Familien- Rechtsanwalt Andreas Vitti, legt noch ein Pfund drauf: „Politik ist ein Sprengsatz in jeder Ehe. Viele Menschen denken immer, Ehen würden nur wegen Geld, Gewalt oder Fremdgehen geschieden. Die Wahrheit ist: Nach wichtigen politischen Wahlen haben Scheidungsanwälte Hochkonjunktur.“

Es gibt aber auch die härtere Variante. Hermann Messmer berichtet von einem Fall, bei dem ein Ehemann der Frau bei „falscher Stimmabgabe“ mit Scheidung, Rauswurf aus der Wohnung und Verweigerung jeglicher Unterhaltszahlung gedroht hat. „In diesem Fall“, sagt Scheidungs-Profi Messmer, „wird es richtig kriminell. Hier geht es dann nicht mehr nur um Wählernötigung, sondern um Erpressung. Wenn die Ehefrau das wirklich nachweisen kann, geht ihr Mann in den Knast. Die Höchststrafe nach Paragraf 108 StGB liegt bei zehn Jahren Freiheitsentzug.“

Männliche Gewalt ist das eine, weibliche Fahrlässigkeit das andere. Messmer wird konkreter: „Eine Ehefrau aus guten Verhältnissen erzählte ihrer angeblichen besten Freundin, dass sie immer nur die Partei wählt, die ihr der Ehemann befiehlt. Dafür gibt es entsprechende Geschenke: von der ,Chanel'-Tasche bis zur Luxus-Suite im Hotel ,Cipriani' in Venedig. Leider hat die ,beste Freundin' nicht dicht gehalten und die Story im Bekanntenkreis erzählt – darunter einem Staatsanwalt. Und der brachte diese Form von Wählerbestechung nach Paragraf 108b des Strafgesetzbuches zur Anzeige. Summa summarum musste das Ehepaar 25 000 Euro als Strafe bezahlen." Was Frau daraus lernen kann? Nicht erst seit Sylvie van der Vaart gilt: Hüte dich vor der besten Freundin!

Zurück zum Privaten: Wie viel Wahl verträgt denn nun die Ehe? Hermann Messmer ist da schonungslos: „Ein Ehepaar, das sich politisch nichts mehr zu sagen hat oder nur über Drohungen und Geschenke zu einer erzwungenen Wahlentscheidung findet, hat keine Zukunft.“ Und er setzt noch was Provokatives drauf: „Eine Ehe ist nach der Phase der Verliebtheit eine lebenslange Illusion. Wer fragt denn nach der Politik, wenn’s um Sex geht? ‚Bis dass der Tod euch scheidet' ist ein nicht durchzuhaltendes Versprechen - aber ,Bis dass die Wahl euch scheidet', das ist Realität."

Am Sonntag ist Bundestagswahl.

 

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