Bundestag stimmt wohl Freitag über Geld für Athen ab
Berlin - Union und FDP verständigten sich nach Angaben aus Koalitionskreisen mit den Grünen informell darauf, sich für die Beratungen einen Tag mehr Zeit zu nehmen.
Die SPD hatte sich bis Mittwochnachmittag noch nicht festgelegt. SPD und Grüne hatten zwar grundsätzlich Zustimmung signalisiert, sich aber gegen eine Verabschiedung bereits an diesem Donnerstag gestellt.
Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen wollten sich noch am späten Mittwochnachmittag über den endgültigen Fahrplan einigen. Ebenfalls am Nachmittag wollte der Haushaltsausschuss des Bundestages über das erweiterte Rettungspaket beraten, das die Euro-Gruppe am Dienstag geschnürt hatte.
Für den Bundeshaushalt ergeben sich erstmals Belastungen durch die Griechenland-Rettung. Diese belaufen sich allein im nächsten Jahr auf rund 730 Millionen Euro. Weitere Mindereinnahmen von mehr als einer halben Milliarde Euro erwartet das Finanzministerium auch für 2014.
Mit dem erweiterten Rettungspaket soll eine Finanzierungslücke im Hilfsprogramm für Athen vorerst geschlossen und die Schuldenlast Griechenlands deutlich gesenkt werden. Dies ist Voraussetzung, damit die nächsten Hilfstranchen der Geldgeber freigegeben werden können.
Geplant sind ein Schuldenrückkaufprogramm, Zinserleichterungen sowie längere Laufzeiten der Hilfskredite. Zudem sollen die Euro-Länder von 2013 an Gewinnanteile ihrer nationalen Notenbanken an Athen überweisen, die sich aus dem ersten Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) für griechische Schuldtitel ergeben.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält einen Schuldenschnitt frühestens ab 2016 für vorstellbar. Er verwies auf die Vereinbarungen der Geldgeber, wonach Athen erst 2016 einen Primärüberschuss - ein Etatplus ohne Zinsbelastungen - erreichen muss. Nach dem Haushaltsrecht dürften keine Bürgschaften oder Staatsgarantien mehr gewährt werden, wenn es einen Schuldenschnitt gegeben habe. "Insofern kann das frühestens zu dem Zeitpunkt erfolgen, wo man in die Phase des Primärüberschusses hineinkommt", sagte Brüderle.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte: "Die Stimmung bei uns ist kritisch." Er warf der Bundesregierung vor, sie wolle die neuen Hilfen im Eilverfahren vor dem CDU-Parteitag Anfang nächster Woche abräumen. Die Regierung versuche, mit Geld die Probleme in Griechenland immer weiter zuzudecken, um Zeit zu gewinnen für die Landtagswahl in Niedersachsen im Januar und die Bundestagswahl im Herbst. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte im Deutschlandfunk: "Ein ordentliches Verfahren heißt, dass zwischen der Beschlussempfehlung eines Ausschusses und dem Beschluss des Bundestages die üblichen 24 Stunden liegen."
Die "Änderungen im bestehenden Anpassungsprogramm für Griechenland" - so der Titel des zu beschließenden Antrags - sind Voraussetzung, damit die nächste Tranche von 43,7 Milliarden Euro ausgezahlt werden kann. Darüber will die Euro-Gruppe am 13. Dezember entscheiden - wenn Ergebnisse des Rückkaufprogramms vorliegen.
2013 wird der Bund erstmals direkt aus seinem Haushalt Geld an Athen überweisen, weil er anteilige Zentralbankgewinne aus dem Ankauf griechischer Schuldtitel auf ein Sperrkonto weiterleitet. Es geht um die Ertragsanteile der Bundesbank aus Zinsen und Bewertungsgewinnen mit Hellas-Anleihen, denen Rückstellungen und Risikovorsorge gegenüberstehen. Veranschlagt sind 2013 vom Finanzministerium 599 Millionen Euro und 2014 weitere 530 Millionen. Insgesamt beläuft sich den Angaben zufolge der rechnerische deutsche Anteil an diesen EZB-Gewinnen aus aktueller Sicht auf rund 2,74 Milliarden Euro.
Die Bundesbank entscheidet autonom über ihren Gewinn. Der Bund überweist unabhängig von der Höhe des an ihn fließenden Bundesbank-Gewinns die Erträge an Athen. Weitere Mindereinnahmen von jährlich 130 Millionen Euro für den Bund ergeben sich, weil die Staatsbank KfW weniger Zinsen aus Athen-Krediten erzielt.