Bund-Länder-Finanzen: Einigungschancen trotz Differenzen

Bund und Länder sehen in den seit Jahren andauernden Verhandlungen über die Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen Chancen für eine Einigung.
von  dpa

Bund und Länder sehen in den seit Jahren andauernden Verhandlungen über die Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen Chancen für eine Einigung.

Berlin - Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte vor einem Spitzentreffen: "Wir haben jetzt eine gute Grundlage, um uns zu einigen."

Bedingung sei aber, bessere Strukturen und Anreize im Ausgleichssystem zu schaffen. Die Finanzbeziehungen müssen neu geordnet werden, weil der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II im Jahr 2019 auslaufen.

Mehrere Länderregierungschefs äußerten sich ebenfalls optimistisch. Sie beharren bisher jedoch auf einem von allen 16 Ländern vorgeschlagenen Modell. Dies lehnen wiederum Schäuble und die Koalitionsfraktionen im Bundestag ab.

Ein Kompromiss wird angesichts der Differenzen wohl schwierig, ist aber auch nicht ausgeschlossen. Möglich ist, dass nach getrennten Vorbesprechungen der Länder ein Spitzentreffen im Kanzleramt am frühen Nachmittag zunächst in kleinerem Kreis mit mehreren Regierungschefs der Länder angesetzt wird. Sollte es hier eine grundlegende Einigung geben, könnte anschließend in großer Runde mit allen Ministerpräsidenten der Länder weiter verhandelt werden.

Verbesserungen in diesem Jahr "nicht sehr realistisch"

Schäuble dämpfte in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Donnerstagausgabe) aber die Erwartungen an eine umfassende Reform. "Die Hoffnung aus dem Beginn der Legislaturperiode, dass wir hier eine grundlegende Verbesserung erreichen, ist nicht mehr sehr realistisch." Schäuble stellte klar, dass der Bund nicht den Finanzausgleich der Länder tragen könne.

Die 16 Länder hatten sich im Dezember auf ein Radikalmodell verständigt - mit einer Umverteilung zulasten des Bundes. Sie fordern vom Bund jährlich rund 9,7 Milliarden Euro - mit steigender Tendenz. Die Zahlung würde nach Darstellung des Bundes bis 2030 auf 15 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Die Länder wollen den Finanzausgleich in seiner jetzigen Form abschaffen und Transfers untereinander streichen. Der "Umsatzsteuervorwegausgleich" würde entfallen - diese erste Stufe der Umverteilung zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern untereinander.

Schäuble sowie Union und SPD im Bundestag lehnen dies ab. Sie pochen darauf, dass sich die Länder weiter untereinander helfen. Der Finanzausgleich soll zwar verringert, aber erhalten bleiben. Auch bei der Umsatzsteuerverteilung soll es bleiben, hier aber auch Einnahmen der Gemeinden berücksichtigt werden. Schäuble will einen Ausgleich von jährlich maximal 8,5 Milliarden Euro zahlen. Er schlägt in einem 15-Punkte-Programm zudem Maßnahmen zur Neuaufteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern vor. Hier zeigten sich die Länder zuletzt nur wenig gesprächsbereit.

Während Bund und Länder noch verhandeln, will Wolfgang Schäuble die Steuerzahler entlasten.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sieht Chancen für eine Einigung. Im SWR verwies sie auf den Vorschlag der Länder. Zu weitergehenden Forderungen Schäubles sagte sie, darunter fielen auch bisherige Zuständigkeiten der Länder. Man könne darüber zwar sprechen. Es gebe hier aber kaum Spielraum.

Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sagte dem Sender RBB-Inforadio, beide Seiten lägen nicht so weit auseinander. Sieling fordert aber weiter mehr Geld für die Länder und begründete dies mit der Schuldenbremse, nach der die Länder ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufnehmen dürfen. Sieling lehnte den Vorschlag Schäuble ab, Ländern mehr Spielraum bei der Sozialgesetzgebung zu geben.

Der Länderfinanzausgleich im engeren Sinn lag 2015 bei rund 9,62 Milliarden Euro. Der gesamte Umverteilungstopf einschließlich Umsatzsteuern belief sich auf rund 17,52 Milliarden Euro. Hinzu kamen 3,84 Milliarden Euro sowie weitere Sonderhilfen des Bundes.

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