Bütikofer wirft Grünen-Vorsitz hin

BERLIN - Brüssel statt Berlin: Der Parteichef hat keine Lust mehr auf das interne Gezänk. Namen für seine Nachfolge nennt Reinhard Bütikofer nicht. Es würden ihm aber "sofort viele einfallen".
Montag am frühen Nachmittag ließ Reinhard Bütikofer die Bombe platzen: Der Grünen-Vorsitzende tritt auf dem Parteitag im November nicht mehr zur Wiederwahl an. Nach einer Sitzung der grünen Spitzengremien in Berlin sagte der 55-Jährige, er wolle sich stattdessen 2009 für ein Mandat im Europäischen Parlament bewerben. Mithin sei es besser, wenn er schon in diesem Jahr den Parteivorsitz abgebe und Platz mache für ein junges Gesicht.
Namen für seine Nachfolge nannte Bütikofer nicht: Es würden ihm aber „sofort viele einfallen, die dafür geeignet wären“. Klar dürfte aber sein, dass Bütikofer von einer Person aus dem Realo-Lager beerbt wird – als Doppelspitzen-Gegengewicht zur linken Co-Chefin Claudia Roth.
Empörung über einen Alleingang
Bütikofer habe seine Entscheidung „schon vor einiger Zeit und in aller Ruhe“ getroffen, versuchten die Grünen-Strippenzieher den Rückzug gestern herunterzuspielen. Nach AZ-Informationen soll der Parteichef jedoch über die eigenmächtige öffentliche Inthronisierung des neuen Spitzenduos Renate Künast und Jürgen Trittin empört gewesen sein. Die Fraktionschefin und der Ex-Umweltminister hatten die Parteibasis vergangene Woche via Medien wissen lassen, dass sie die Grünen gemeinsam in den Bundestagswahlkampf 2009 zu führen gedächten.
„Es ist deutlich, dass wir ein anderes Verfahren verabredet hatten“, kommentierte Roth den Alleingang verärgert. Den Gremien blieb gestern nichts anderes übrig, als Künast und Trittin nachträglich als Spitzen-Tandem zu nominieren.
Trittin hatte im AZ-Interview in der vergangenen Woche beteuert, dass weder Künast noch er Ambitionen auf den Parteivorsitz hätten: „Da müssen jetzt mal die Jungen ran“, sagte Trittin der AZ. In Berlin kursieren bereits Namen wie Tarek al-Wazir aus Hessen, Robert Habeck aus Schleswig-Holstein oder Cem Özdemir. Der türkischstämmige Schwabe, der derzeit im Europäischen Parlament sitzt, verspürt dem Vernehmen nach Heimweh und würde gern nach Berlin zurückkehren.
Claudia Roth „bedauerte“ die Entscheidung ihres Co-Vorsitzenden. Sie nehme diese „widerwillig zur Kenntnis“, respektiere aber die Entscheidung. Sie selbst wolle erneut als Parteichefin kandidieren und strebe wieder einen Spitzenplatz auf der bayerischen Landesliste für die Bundestagswahl an.
jox